Bei einem Spaziergang durch die Stadt stößt man immer wieder auf solch dekorativ gestaltete Häuserfassaden. Laut dem ehemaligen Generalkonservator Volker Liedke entstanden diese Fassadendekorationen im 17. Jahrhundert. Ein erstes Rauputzdekor erhielt die Hofseite des Torhauses der Burg Trausnitz. Liedke vermutete, dass das Rauputzdekor eine höfische Eigenart war, die möglicherweise durch den italienischen Hofmaurermeister Francesco Franculos aus Italien nach Landshut gebracht wurde. Franculos wurde im Jahr 1589 Bürger Landshuts. Die älteste Rauputzfassade in der Stadt findet sich am Haus Dreifaltigkeitsplatz 12. Dieses Haus gehörte den Grafen von Preysing, die zu jener Zeit kurfürstliche Räte waren. Scheinbar schwappte die höfische Mode auf das Bürgertum über, denn im Folgenden erhielten etliche Bürgerhäuser solche Putzdekorationen auf ihrer Fassade. Teilweise erhielten sogar spätgotische Häuser im Zuge von Fassadenrenovierungen ein aufwendiges Rauputzdekor. Als Beispiel hierfür gelten die Häuser Obere Länd Nr. 49 und Nr. 49 ½.

Die beiden spätmittelalterlichen Häuser Obere Länd 49 und 49 ½ mit ihren Rauputzfassaden

Laut Stefanie Fuchs vom Bauarchiv Thierhaupten gab es verschiedene Möglichkeiten, Dekorationsmuster aus Rauputz herzustellen. Als erster Schritt wurde ein Grundputz als Rücklagenfläche aufgebracht. Danach wurde der Rauputz – ein Kalkputz mit runden, gröberen Zuschlägen – aufgetragen und mit dem Dekor versehen. Das Dekor konnte mit Schablonen und/oder Modeln im Putzgrund angebracht werden. Manche der Putzverzierungen stellte man aber sicher nicht mit Schablonen her, sondern sie wurden mit Kratzeisen, Messern und Schlingen bearbeitet. Putzquader konnten mithilfe von Latten oder mit Putzhobeln hergestellt werden. Im Jahr 2020 beschäftigten sich Fachleute des Vereins Bauzunfthaus e.V. mit dieser Form des Putzdekors und mit der Frage, wie es hergestellt wurde. Damit leistete der Verein einen Beitrag zum Erhalt und zur weiteren Erforschung der Rauputzfassaden.

Die Regierungsstraße Nr. 570 in den 1930er Jahren. Im Vordergrund einer der Bischofsstäbe (Stadtarchiv Landshut Fotosammlung)

Mario Tamme
Fotos: Mario Tamme/Hans Wallner