Längst ist es kein Geheimnis mehr, wie sehr Musik die Entwicklung des Menschen fördert. Sie lässt die Verbindungen zwischen den Nervenzellen beider Gehirnhälften besser wachsen, fördert Konzentration und Kommunikation. Dabei, so das Ergebnis wissenschaftlicher Studien, ist es besonders wichtig, selbst aktiv zu werden, zu singen oder ein Musikinstrument zu spielen. Langzeitstudien an Grundschülern zeigen, dass die Kinder bei einer musikalischen Betätigung von wenigen Wochenstunden ihre Intelligenzleistungen, v.a. das räumliche Vorstellungsvermögen, verbessern, dass sie aufnahmefähiger, sozial kompetenter und selbstbewusster auftreten. Mancherlei Dinge, die musikalischer Betätigung zugeschrieben werden, erscheinen durchaus verwunderlich: Sie schütte Glückshormone aus, beruhige Babys und steigere sogar die Milchproduktion von Kühen.

Viele Menschen verspüren in der Lebensmitte oder im Rentenalter den verstärkten Wunsch nach musikalischer Aktivität. Ihre Beweggründe sind unterschiedlich: Da gibt es die langjährige Sehnsucht, ein Instrument zu spielen, wenn es in der Kindheit nicht erlaubt wurde. Auch die Muße spielt eine Rolle, die während eines Alltags gefüllt mit Arbeit und Kindererziehung zu kurz kam. Ebenso wird der Wunsch nach Gemeinschaft genannt, wenn man im Ensemble zum Gelingen eines Ganzen beitragen kann und miteinander ein Musikstück zum Klingen bringt. Den Spätbeginnenden kommt zudem die Gelassenheit zugute, die man im Alter entwickelt. Man lernt zur eigenen Freude, muss sich nicht mehr beweisen und es auch nicht zur Perfektion bringen.

Während gerade an Grund-, Haupt- und Mittelschulen der Ausfall zahlreicher Musikstunden zu beklagen ist, reagieren Musikschulen und Institutionen der Musikpflege auf die Nachfrage seitens der älteren Generation: Freizeitangebote mit Volksmusik- und Klassikseminaren richten sich an Laienmusiker. Geübte Referenten schaffen es dabei, jede Stufe des Könnens so in eine Gruppe zu integrieren, dass jeder seine musikalische Rolle findet. Ebenso werden freie Spielkurse angeboten, denen man sich ganz zwanglos anschließen kann. Durch die Ensembleangebote werden Hemmschwellen überwunden, denn in der Gruppe richtet sich der Fokus nicht auf den Einzelspieler. Im Vordergrund stehen vielmehr der Gesamtklang und das Gruppenerlebnis. Auch der Bezirk Niederbayern knüpft mit seinen Angeboten daran an: Die Musizierreihe „Spiel mit!“ lädt dazu ein, einen Abend lang jeweils eine volksmusikalische Gattung aus regionaler Überlieferung – z.B. Zwiefache, Ländler oder Arien – kennenzulernen. Jeder Instrumentalist kann daran teilnehmen, auch ohne volksmusikalische Vorkenntnisse. Ebenso plant die Volksmusikakademie in Bayern, die derzeit in Freyung entsteht, interessante Angebote, die auch Neueinsteiger am Instrument zum gemeinsamen Musizieren einladen.

Auch spätberufen kann man also getrost zur Steirischen oder Gitarre greifen. Mit musikalischer Aktivität lassen sich zwar keine besseren Menschen schaffen, sicher jedoch Eigenschaften und Begabungen vertiefen, die schon angelegt sind. Und Musizieren macht Spaß – die eingangs erwähnte These von den Glückshormonen wird jeder bestätigen, der sich musikalisch betätigt. Hans lernt zur eigenen Freude also sehr wohl, was Hänschen vielleicht versäumt hat!

 

VK