Wuschelige Lockentauben, graziöse Perückentauben, schneeweiße Luzerner Tauben, der Aidenbacher Taubenmarkt ist ein Paradies für Taubenzüchter. Hier trifft sich Jung und Alt, um zu kaufen, zu tauschen und zu fachsimpeln; seit über 100 Jahren, jeden Sonntag.

Tauben zu halten, das war immer schon etwas zum Herzeigen, etwas zum Auftrumpfen – und natürlich zum Essen. Wer Tauben hielt, wer sonntags gebratene Taube servieren konnte, der war etwas. Früher waren es die Adeligen, später die reichen Bauern rund um Straubing und Dingolfing, die es sich leisten konnten, Tauben zu halten. Kein Wunder, denn allein ein Taubenpaar verputzt im Jahr mindestens 100kg Samen, Körner und Hülsenfrüchte.

Niemand auf dem Hof hatte es so gut wie die Tauben. Richtige Paläste mit Türmchen, Wetterfahnen, Fensterläden und Balkonen, errichteten die Bauern inmitten ihres Hofs, gleich neben Hundehütte, Brunnen und Misthaufen.

Aber die Taube verschwindet aus Niederbayern, nicht laut, sondern ganz leise und allmählich, ohne Protest. In den meisten Höfen sind Schlag oder Kobel verwaist. Oft mussten sie den Traktoren und Mähdreschern weichen. Und was früher des Bauern ganzer Stolz war, der Taubenkobel, das ist heute der BMW.

Warum der ganze Rummel um die Taube? Wo dem Züchter beim Anblick einer langbeinigen, eleganten Malteser Taube das Herz höher schlägt, läuft dem Genießer bei einer zarten Hubbeltaube das Wasser im Mund zusammen. Aber allein das ist es nicht. Schon seit vielen tausend Jahren, seit den alten Ägyptern, sind die Tauben treue Begleiter des Menschen und lange haben sie auf der ganzen Welt seine Briefe in sagenhafter Geschwindigkeit hin und her geflogen. Als Zeichen des Friedens und des Heiligen Geists flattert die Taube durch die ganze Bibel, als Begleiterin der Venus steht sie für Liebe und Treue.

Die Taube gehört zu unserer Kultur, seit Jahrtausenden. Lange wurde sie in Niederbayern von den Bauern hofiert. Dann hat sie die Industrialisierung der Landwirtschaft von vielen Höfen vertrieben. Den Züchtern fehlt der Nachwuchs. Tauben sind nicht cool. Dazu kommen immer kompliziertere Vorschriften, die den Züchtern in den letzten Jahren das Leben schwer machen.

Sind Sie neugierig geworden? Dann besuchen Sie den Aidenbacher Taubenmarkt oder setzen Sie sich aufs Fahrrad! Im Landkreis Dingolfing-Landau gibt es seit einigen Jahren zwei verschiedene Radtouren, die an einigen der schönsten Taubenkobel Niederbayerns vorbeiführen.

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Christoph Goldstein
Foto: Christian Melis