Das Bewusstsein für zyklisch wiederkehrende Ereignisse, wie z. B. der Wechsel von Tag und Nacht, die Mondphasen oder Sonnwenden, drängte die Menschen schon in der Vor- und Frühzeit ihrer Kulturgeschichte zur Zeiteinteilung. Den Jägerkulturen war die Kenntnis regelmäßig stattfindender Tierwanderungen hilfreich. Bei den Ackerbaukulturen spielte das Wissen um die genauen Zeitpunkte für Aussaat und Ernte eine überlebenswichtige Rolle. Viele vorgeschichtliche Bauten wie etwa die Sonnentempel in Lateinamerika, die Monumente von Stonehenge oder die Kreisgrabenanlage von Künzing-Unternberg in Niederbayern waren sogenannte Kalenderbauten. Man weiß heute, dass sie durch ihre Ausrichtung auf den Stand der Sonne an bestimmten Tagen eine kalendarisch exakte Bestimmung zuließen; zudem waren mit der systematischen Himmelsbeobachtung auch religiöse Kulte verbunden.

Kalender spielen also in der Kulturgeschichte eine zentrale Rolle. „Kalender“ bedeutet im weitesten Sinn Zeitrechnung, im direkten handelt es sich um das Verzeichnis der nach Wochen und Monaten geordneten Tage eines Jahres. Das Wort stammt aus dem Lateinischen. Calare heißt „ausrufen“. Calendae hieß der erste Tag jeden Monats, an dem der neue Monat öffentlich ausgerufen wurde. Im Mittelalter entstand daraus der Zeitweiser durch das Jahr, das „Calendarium“, das in der heutigen Bezeichnung „Kalender“ fortlebt.

Da die alten Kalender – der ägyptische, der altrömische und der Julianische Kalender – Ungenauigkeiten gegenüber dem astronomischen Jahr aufwiesen, ordnete Papst Gregor XIII. 1582 eine Kalenderreform an. Der nach ihm benannte „Gregorianische Kalender“ gilt bis heute.

Seit Jahrhunderten zählt der Kalender zu den alltäglichen Gebrauchsgegenständen. Mit dem Übergang von der alten Agrar- zur modernen Industriegesellschaft änderten sich allerdings Gebrauch- und Bedeutung. Bald standen nicht mehr Information und Belehrung der ländlichen Bevölkerung im Vordergrund. Die Industriegesellschaft brauchte keine sogenannten „Bauernkalender“ mehr mit Mondphasen und Wetterregeln – für sie ging es um die Zeiteinteilung im Stundentakt. „Zeit ist Geld“ lautete die Devise, und deshalb musste die Nutzung des Faktors Zeit laufend optimiert werden. Dies führte zum Paradoxon des 20. Jahrhunderts: Der Mensch leidet trotz des Einsatzes von Maschinen und modernster Technik als arbeitserleichternde Hilfsmittel unter Zeitmangel. Bisweilen stellen wir hilflos fest, dass unsere Zeit schnelllebig, ja zu schnelllebig geworden ist. Eine gute Zeiteinteilung und ein konsequent geführter Kalender erleichtern Vieles. Das neue Jahr und ein neuer Kalender – ob analog oder digital – können Anlass und Hilfe sein, Zeitmanagement und Lebensqualität besser in Einklang zu bringen.

Maximilian Seefelder
Foto: Museum Quintana