Am 5. Februar 1936 wurde der Spielfilm „Moderne Zeiten“ (orig. „Modern Times“) in den USA uraufgeführt – ein zeitloser Klassiker an der Schnittstelle vom Stumm- zum Tonfilm. Im Fokus: die industrialisierte Arbeitswelt und die Massenarbeitslosigkeit infolge der Weltwirtschaftskrise. Gezeigt werden geistig und körperlich ausgelaugte Fabrikarbeiter. Sie drohen vom Räderwerk der Maschinen und Laufbänder zerstampft zu werden. Allein menschliche Zuneigung bietet einen Ausweg aus Freiheitsverlust und Entmündigung. Charlie Chaplin hat damit den Befürchtungen angesichts der sich rapide verändernden Arbeitswelt im Film Ausdruck verliehen.

Nicht nur in den modernen Zeiten der Industrialisierung, sondern auch in der ländlich-bäuerlichen Arbeitswelt des 19. Jahrhunderts standen einfache Arbeiter ohne eigenen Landbesitz auf den untersten Stufen der gesellschaftlichen Hierarchie. Als Dienstboten, Mägde und Knechte, „verdingte“ man sich an den Bauernadel. Der eigene Körper, die menschliche Arbeitskraft waren meist das einzig verfügbare Kapital. Ging der Verkauf dieser Arbeitskraft in den großstädtischen Industriebetrieben oft bis zur Selbstausbeutung – an Nachschub an billigen Arbeitern herrschte damals kein Mangel – so war die Dienstbotenwelt auf dem Land traditionell bis ins Detail geregelt: Ungeschriebene Gesetze über Vertragslaufzeiten und Entlohnung boten eine gewisse Sicherheit. Bei Nichtbeachtung drohten gesellschaftliche Sanktionen.

Ein bedeutender, von der ländlichen Arbeiterschaft herbeigesehnter Termin war – teils über seine Abschaffung als offizieller Feiertag im Jahr 1912 hinaus – der 2. Februar: Mariä Lichtmess. Der Lichtmesstag begrenzte das bäuerliche Wirtschaftsjahr: Dienstboten wechselten ihre Dienstherren, Knechte und Mägde erhielten ihren Jahreslohn. Ausbezahlt wurde nicht nur in Heller und Pfennig, sondern auch in materiellen Gütern wie (Arbeits-)Kleidung oder Stoffen für dieselbe. Neben dem sogenannten Dingpfennig, einer Art Anzahlung, die für ein weiteres Dienstjahr verpflichtete, sind weitere Geschenke brauchgeschichtlich bemerkenswert: Kerzen oder zum Teil aufwändig verzierte Wachsstöcke.

Liturgisch gesehen endet am 2. Februar, dem Fest der Darstellung des Herrn im Tempel, die vierzigtägige weihnachtliche Festzeit. Das Lukas-Evangelium erzählt die Geschichte vom greisen Simeon, der in Jesus den Messias, das „Licht zur Erleuchtung der Heiden“ erkennt. Zur Erinnerung an diese Metapher wird an Lichtmess der Jahresbedarf an Kerzen für die Kirchen geweiht. Die Gläubigen bringen auch Kerzen für den häuslichen Gebrauch zur Segnung, die bei Unwettern oder Todesfällen entzündet werden. So lag es auch nahe, Kerzen und Wachsstöcke innerhalb der Familie oder an langjährige geschätzte Dienstboten zu verschenken.

Weitaus beliebter als solch symbolische Gaben dürften den Knechten und Mägden die sogenannten Schlenkeltage gewesen sein: Die freien Tage um Lichtmess herum waren in einer Zeit ohne tariflich geregelten Urlaub eine ersehnte Unterbrechung des Arbeitsalltags. „Geschlenkelt“ werden konnte auf zahlreichen Lichtmessmärkten, die sich bis heute hie und da erhalten haben. Wohl viel zu früh endeten die Schlenkeltage, die an Mariä Lichtmess begonnen hatten, traditionell zumeist am Namensfest der heiligen Agatha, dem 5. Februar.

CLL