Der Titel sagt bereits alles: Es geht um Kultur, und zwar in Niederbayern. Anfang Juni 2021 ist der Bayerische Rundfunk wieder einmal im Festsaal des traditionsreichen Kloster Metten zu Gast: Aufgezeichnet wird „Kunst + Krempel“, die älteste Antiquitätensendung Deutschlands. Weil sie so beliebt ist, flimmert sie nach 35 Jahren noch immer über die Bildschirme und hat dadurch selbst schon Kultstatus erreicht. Tausende interessierte Menschen freuen sich jeden Samstag im Vorabendprogramm des Bayerischen Fernsehens auf die Gegenstände und Artefakte, welche von ausgewiesenen Sachkundigen begutachtet, beschrieben und bewertet werden. Dies ist aufschlussreich und für die Gäste, die mit Ihren Antiquitäten zur Teilnahme eingeladen werden, ebenso attraktiv. Denn wer aus der Bevölkerung gelangt schon mal am Samstag zu einer Sendezeit, die hohe Einschaltquoten verspricht, ins Fernsehen? Interessierte können sich noch bis zum 3. Mai beim Bayerischen Rundfunk bewerben.

Der Sendetitel ist Programm, denn in der Tat ist die Bandbreite des Mitgebrachten und Gezeigten groß: Skulpturen, Bilder, Uhren, Spielzeug, Musikinstrumente, Geschirr, Gläser, Möbel etc. Und manchmal ist auch die Überraschung groß. So, um nur ein Beispiel zu nennen, bei dem als verschollen gegoltenen Gemälde „Rathausplatz Breslau“ des Romantikers Eduard Gaertner. Es hängt mittlerweile im Kunstforum „Ostdeutsche Galerie“ in Regensburg. Wert: 500.000,- €. Aber neben Kunst darf es eben auch Krempel sein, der den Reiz dieser Sendereihe ausmacht. Was man gemeinhin und manchmal vielleicht vorschnell als Trödel, Kram oder Plunder bezeichnen wollte, muss deshalb noch lange nicht minderwertig sein. Außerdem besitzen solche Dinge vielfach ideellen Wert, weil in den meisten Fällen Erinnerungen daran hängen, die ihre Eigentümerinnen, ihre Besitzer nicht missen möchten. „Diese Schatulle hat meiner Urgroßmutter gehört; mein Großvater hat sie mir geschenkt.“ – „Dieses Teeservice konnte ich auf dem Flohmarkt erwerben. Es erinnert mich an meine Tante, die das gleiche besaß, und ich habe noch immer den Duft ihres besonderen Gebäcks in der Nase, das sie bei ihren Einladungen zum Tee reichte.“ – Solche und ähnliche Geschichten hört man nicht selten, und sie zeigen uns, dass das Leben nicht nur aus Materie bzw. Sachkulturgütern besteht. Nehmen wir zu Beispiel eine Geige. Im Kulturjargon handelt es sich nüchtern betrachtet um ein Objekt, das der Sachkultur zugeordnet wird. Aber man kann ihr die schönsten Klänge und Melodien entlocken – Musik eben. Sie wiederum zählt man zur immateriellen Kultur, die uns in all ihren Facetten täglich umgibt: Sprache, Lieder, Geschichten, Gedichte, Rituale, Feste, Gebete. Damit wieder zurück zum Kloster Metten – ein Ort mit Geschichte, des Glaubens, der Kontemplation, der Traditionen, der Bildung, des Gesprächs, aber auch der Kunst und Architektur. Hier kann selbst der sogenannte Krempel in würdevollem Rahmen präsentiert werden. Es ist lediglich eine Sache der Inszenierung, und darauf versteht man sich beim Bayerischen Rundfunk.

 

Maximilian Seefelder
Foto: Ralf Wilschewski