Die Fischerei ist ein weites Feld. Deshalb haben sich angehende Angler bei ihrer Vorbereitung auf die staatliche Fischerprüfung u. a. mit Fischkunde, Gewässerkunde, Gerätekunde, aber auch mit umfangreicher Rechtskunde in Gestalt des Fischerei-, Tierschutz- sowie des Naturschutzgesetzes zu beschäftigen.Wer aber würde in diesem Zusammenhang den Kulturbegriff erwarten?

Interessanterweise erwähnt Artikel 1 (4) des Bayerischen Fischereigesetzes gleich zweimal den Begriff Kultur. Wörtlich heißt es dort: „Eine nachhaltige Fischerei liegt im öffentlichen Interesse und ist als ein wesentliches, die bayerische Kulturlandschaft mitprägendes Kulturgut zu erhalten und zu fördern.“

Kulturgut Fischerei – das mag Musikliebhaber, Kunstfreunde oder Theaterbegeisterte mit klar abgegrenztem Interessensgebiet erstaunen oder erst gar nicht interessieren. Die Archäologie, die Kulturwissenschaft und offensichtlich auch der Gesetzgeber sehen den Kulturbegriff jedoch in einem größeren entwicklungsgeschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext: Sie reduzieren diesen nicht ausschließlich auf Kunst, wie es die Feuilletons suggerieren.

„Kultur bezeichnet im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt – im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur“, lautet eine populäre Definition. Gewiss entspringt das Lebewesen Fisch dem Element Wasser und ist zunächst das Ergebnis einer natürlich-biologischen Evolution. Nicht aber der Fischfang samt unterschiedlicher Fangarten und -geräte, nicht die Fischzucht, die Gewässerbewirtschaftung und Teichwirtschaft samt ihrer Auswirkungen auf die heimische Kulturlandschaft oder die raffinierten Methoden der Fischzubereitung, die uns das wertvolle Nahrungsmittel schmackhaft machen. All dies hat sich der Mensch im Lauf seiner Kulturgeschichte durch Experimentieren und Erfahrung erarbeitet.

Ebenso wie das Werkzeug des Musikers, das Instrument, möglichst gut klingen soll, muss beispielsweise das Handwerkszeug des Fischers, die Angelrute, den Zweck erfüllen, für den sie konzipiert wurde. Oder um im Bild zu bleiben: Am allerwenigsten geht es darum, einfach nur irgendwie zu angeln oder zu musizieren. Wo eine Flöte benötigt wird, kann man keinen Kontrabass besetzen, und mit einer leichten Fliegenrute wird man keinen schweren Donauwaller fangen. Der Mensch hat sich eben viele Kulturtechniken ausgeklügelt – darunter auch Fischfangmethoden, mit denen er einst sein Überleben sichern konnte.

Dies und vieles mehr zählt im weitesten Sinn zu seinen kulturellen Leistungen. Somit nimmt das Kulturgut Fischereibereits in der Altsteinzeit vor 90.000 Jahren seinen Anfang und nicht erst durch die Fisch-Stillleben der Alten Meister oder mit Franz Schuberts Kunstlied „Die Forelle“ (op. 32 / D 550), das namensgebend war für sein heiteres „Forellenquintett“ (op. post 114 / D 667).

MS