Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte man nur einfaches Geschirr aus Ton im Haus. Wer konnte sich denn schon Porzellan leisten? Bis weit ins 19. Jahrhundert gab es südlich der Donau wahrscheinlich in jedem Haushalt Schüsseln, Krüge und Töpfe, die von „Hafnern auf dem Kröning“ gemacht worden sind.

„Hafner“ nannte man Bauern, die neben der Feldarbeit auch Töpfer waren; und mit „auf dem Kröning“ ist die Hügelkette zwischen Isar und Vils, nördlich von Vilsbiburg, gemeint. „Es leben da viele Töpfer, denn es gibt da eine Erde und ein Material, das sich ausgezeichnet für Töpfergeschirr eignet“ schreibt Philipp Apian, der Mitte des 16. Jahrhunderts ganz Bayern bereist hat.

Zu dieser Zeit blühte das Töpferhandwerk. Die Hafner bildeten schon früh eine Zunft. So gab es keine Konkurrenz untereinander, man hatte die Preise im Griff und jeder hatte sein Auskommen. Die Töpferwaren durften nur auf öffentlichen Märkten verkauft werden. Einem Meister war es verboten mehr als einen Gesellen und einen Lehrling zu beschäftigen und selbst wie die Schüsseln und Krüge auszusehen hatten, war genau geregelt.

Bis ins 19. Jahrhundert beherrschten die Hafner den Markt. Jedes Jahr lieferten sie über eine Million Töpferwaren nach Landshut, München, Regensburg, Salzburg, Linz, Innsbruck und sogar bis ins ferne Südtirol. Reich sind die Hafner damit trotzdem nicht geworden, denn besonders viel konnten sie für ihre alltäglichen Waren, die sie massenhaft herstellten, nicht verlangen. Sogar der arme Poet, der auf Spitzwegs berühmtem Gemälde zu sehen ist, konnte sich Kröninger Töpferwaren leisten. Auf dem Ofen und dahinter erkennt man auf den zweiten Blick eine Schüssel und einen Krug mit Deckel, die eindeutig die Hände von Kröninger Hafnern hergestellt haben.

Als 1868 der Zunftzwang abgeschafft und die Gewerbefreiheit eingeführt wird, beginnen die Hafner sich gegenseitig beim Preis zu unterbieten. Ende des 19. Jahrhunderts erobert die Eisenbahn Niederbayern. Industriell hergestellte Konkurrenzwaren, Steingut, Emailware und Porzellan aus dem Norden überschwemmen den Markt. Die Zeit der Hafner neigt sich dem Ende zu. Im 17. Jahrhundert gibt es noch 200 Meister auf dem Kröning. Im 19. Jahrhundert sind es nur noch 80 und 1914 nur noch 60. Am Ende ist es der Kapitalismus, der den Hafnern zum Verhängnis wird; aber nicht nur der: Am Ende liegt es auch daran, dass es unter den Hafnern keinen Zusammenhalt gibt: Versuche eine Berufsgenossenschaft zu gründen scheitern. Es interessieren sich zu wenige Hafner dafür. Selbst die Gründung der Landshuter Keramikschule im Jahr 1873 zeigt keine Wirkung. Die Hafner beharren stur auf der jahrhundertealten Tradition ihres Handwerks. Auch das Blei, mit dem die Hafner ihre Glasuren herstellen, ist ein Gesundheitsrisiko für die Hafner und für die Menschen, die aus ihren Schüsseln essen und mit ihren Töpfen kochen. All das führt dazu, dass es schon bald keine Hafner mehr gibt. Sie konnten mit der industriellen Produktion in den Städten einfach nicht mithalten. Ein bisschen waren die Hafner aber schon selbst Schuld an dem Untergang ihres Gewerbes.

Heute erinnert das Kröninger Hafnermuseum im Heimatmuseum Vilsbiburg an die Tradition der Hafner und ihre Geschichte. Im Sommer 2018 wurde eines der letzten erhaltenen Hafner-Häuser, die Görgenmannssölde in Kleinbettenrein, vorsichtig abgebaut, zum Freilichtmuseum Massing transportiert, wo es Ende 2019 behutsam wieder aufgebaut wurde. 2020 machten sich die Arbeiter daran die Inneneinrichtung zu rekonstruieren; darunter auch den alten Brennofen von 1839.

Christoph Goldstein
Foto: https://de.wikipedia.org/wiki/Der_arme_Poet#/media/Datei:Carl_Spitzweg_-_Der_arme_Poet_(Neue_Pinakothek).jpg