Man kann über Heimat lange reden. Heimat ist ein kulturelles und – wie man wieder beobachtet – ein hoch politisches Thema. Der Heimatbegriff ist vielfältig und wandelbar. Dies macht ihn interessant, anpassungsfähig für Anschauungen, aber stets auch anfällig für politische Ideologien. Deshalb kommt es darauf an, mit welchen Inhalten man den Begriff füllt, wie man Heimat definiert. Bleiben wir bei der Kultur, und zwar beim Begriffspaar „Heimat und Kultur“. Kulturell hat die Heimat viel zu bieten – auch, aber nicht in erster Linie im „hochkulturellen“ Sinn. Wo Kultur über die klassischen Kunstdisziplinen hinaus gedacht wird, gelangt man schnell zur ursprünglichen Bedeutung von Kultur, nämlich zur Kultivierung des Ackerbodens und Gewinnung von Lebensmitteln. Darin ist wohl unbestritten die wichtigste Kulturleistung in der Menschheitsgeschichte zu erblicken. Ohne sie wäre Leben, wäre Überleben nicht möglich.

Heutzutage geht es nicht mehr ums Überleben. Zumindest hierzulande. Sehr wohl stellen sich aber viele Menschen die Frage, wie sie leben bzw. was sie konsumieren wollen. Gesunde Ernährung spielt eine immer größere Rolle, je mehr globale Nahrungsmittelkonzerne um sich greifen, die Kritik an industrieller Nahrungsproduktion lauter wird und ständig neue Lebensmittelskandale Unbehagen bereiten. Hier kommt die Heimat mit ihren regionalen Produkten und Kreisläufen ins Spiel.

In Passau gründete jüngst eine Handvoll Uniabsolventen, fachlich begleitet von ihrem Professor, ein Startup. Name und Programm in einem Satz zusammengefasst lauten: Regiothek – Finde Lebensmittel, die dir schmecken und entdecke, wo sie herkommen. Was steckt genau dahinter? Die Regiothek versteht sich als Kommunikationsplattform für die Welt der Lebensmittel jenseits der Supermarktregale. Sie will kleine Betriebe aus Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel und Gastronomie „sichtbar machen“. Deshalb sollen solche hier ihr individuelles Angebot präsentieren können und so die notwendige Präsenz in der modernen Welt erlangen. Zugleich können die Nutzer wie in einer Bibliothek gezielt nach den Angeboten suchen: Wo bekomme ich Milch, Eier, Kartoffeln oder Gemüse direkt vom Erzeuger? Wo wird in meiner Umgebung noch handwerklich gebacken und gekäst, mit Achtung vor dem Tier geschlachtet oder Feinkost aus regionalen Zutaten hergestellt? Wo kaufe ich Lebensmittel mit Charakter und Geschichte – und mit möglichst wenigen Zusatzstoffen? Und in welchem Lokal finde ich auf der Speisekarte, was genau in dieser Gegend wächst und gedeiht?

Auf diese Weise bleibt Heimat nicht nur Kopfsache. Denn jenseits aller philosophischen und politischen Debatten ist Heimat ist hohem Maße eine Herzensangelegenheit. Und wie die Liebe geht sie durch den Magen.

MS