Am 15. April 1846 fand in Landshut eine folgenreiche Hochzeit statt: Johann Baptist von Zabuesnig heiratete die Witwe Ursula Attenkofer. Er wurde damit nicht nur Stiefvater von vier kleinen Kindern, sondern auch Chef eines florierenden Unternehmens, der „Jos. Thomannschen Buchhandlung und Buchdruckerei“. Begründet 1791 von Josef Attenkofer, weitergeführt von seiner Witwe Anna Maria und ihrem zweiten Ehemann Josef Thomann, hatte schließlich Johann Nepomuk Attenkofer, Sohn des Firmengründers, den Betrieb übernommen. Bei ihm hatte Zabuesnig, 1820 auf Gut Bobingen bei Augsburg geboren, nach Lehr- und Arbeitsjahren in Augsburg und Worms gearbeitet. Nach dem frühen Tod ihres Mannes Johann Nepomuk 1842 sicherte sich die Witwe die Hilfe des zwölf Jahre jüngeren Zabuesnigs, zuerst als Geschäftsführer, dann als Ehemann – mit dem sie noch fünf Kinder bekam.

Ursula Zabuesnig, geb. Furtner, verw. Attenkofer, Gemälde um 1846 (Privatbesitz) und Johann Baptist von Zabuesnig, Gemälde um 1846 (Privatbesitz)

Revolution und Pressefreiheit

Es war eine unruhige Zeit in Mitteleuropa. Die Forderungen der Französischen Revolution nach „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ waren ein Traum geblieben. In Bayern war zwar unter dem aufgeklärten und aufgeschlossenen Max I. Josef 1818 eine konstitutionelle Monarchie begründet worden. Sein Nachfolger Ludwig I. aber hatte seine Machtposition und den Einfluss von adeligen Eliten, Großgrundbesitzern und katholischer Kirche wieder gestärkt. Ausgehend von der Absetzung des französischen Königs und der Ausrufung einer Republik in Paris im Februar 1848 kam es, befeuert durch Hungersnöte, auch in den benachbarten Ländern zu Unruhen. Die Menschen wandten sich in den sogenannten Märzrevolutionen 1848 gegen die autokratische „Fürstenherrschaft“, forderten individuelle Freiheitsrechte und politische Mitbestimmung. In den deutschen Ländern wurde anstatt der „Kleinstaaterei“ im Deutschen Bund zudem nach einem deutschen Nationalstaat gerufen.
In Bayern verschärfte die Affäre König Ludwigs I. mit der Tänzerin Lola Montez die Lage. Ludwig kündigte zwar am 6. März 1848 einige Freiheitsrechte wie „die verfassungsmässige Verantwortlichkeit der Minister“, die „vollständige Preßfreiheit“ oder die „Verbesserung der Stände-Wahl-Ordnung“ an, dankte aber einige Tage später ab. Sein Nachfolger Max II. schaffte im „Edikt über die Freiheit der Presse und des Buchhandels“ vom 4. Juni 1848 dann die Vorzensur ab. Damit war zumindest in Bayern der Weg zur Pressefreiheit grundgelegt, auch wenn z.B. bei „unzüchtigen Schriften“ eine strafrechtliche Verfolgung eintreten konnte.
Die in den Märzunruhen erkämpfte Frankfurter Nationalversammlung verabschiedete am 27. März 1849 eine Reichsverfassung, die einen föderalen deutschen Einheitsstaat – ohne Österreich – unter einem erblichen Kaiser vorsah. Sie garantierte die Grundrechte der Bürger wie die Gleichheit aller vor dem Gesetz, die Aufhebung aller Standesvorrechte, die Gewährleistung persönlicher und politischer Freiheitsrechte wie eben Presse- und Meinungsfreiheit. Preußen, Bayern und andere Bundesstaaten lehnten jedoch ab. Die Revolution war damit letztlich gescheitert.

Landshuter Tageszeitungen

Die Landshuter Zeitungsgeschichte spiegelt das dramatische Geschehen der Jahre 1848/1849 wider, auch wenn es hier zu „keinerlei politischen Aufläufen und revolutionären Umtrieben“ (Theo Herzog) kam, Stadt und Bürger zur Monarchie standen. Das politische Geschehen wurde aber sehr wohl, auch in den neu eingeführten „Volksversammlungen“, diskutiert. Bisher hatte es nur das „Landshuter Wochenblatt“ gegeben, das vor allem Bekanntmachungen und Anzeigen enthielt. Es war übrigens von Josef Attenkofer zusammen mit dem Buchdrucker Martin Hagen 1793 begründet worden. Am 12. März 1848, sechs Tage nach der Lockerung der Zensur durch Ludwig I., erschien die erste Tageszeitung, das „Tagblatt für Landshut und Umgebung“. Die Zeitung, die sich einige Jahre später „Kurier für Niederbayern“ nannte, war unter dem Herausgeber Johann Ferdinand Rietsch entsprechend den revolutionären Forderungen liberal-fortschrittlich, antipartikularistisch und antiklerikal orientiert.
Ein Jahr später entschloss sich Zabuesnig, der die Frankfurter Lösung eines Einheitsstaates unter preußischer Führung ablehnte, unterstützt vom „Verein für konstitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit“, zur Gegengründung: Am 31. März 1849 erschien, vordatiert auf den 1. April, zum ersten Mal die „Landshuter Zeitung“. Im Untertitel hieß es programmatisch: „Für Wahrheit, Recht und gesetzliche Freiheit.“ Und in einer Werbeanzeige beschrieb Zabuesnig seine Haltung: „Da dieses Blatt den radicalen und destructiven Tendenzen der Neuzeit gegenüber eine conservative Richtung in wahrer Freisinnigkeit beobachten wird … Dasselbe wird in einfacher populärer Weise mit besonderer provinzieller Berücksichtigung das verehrliche Publikum mit den Zeitereignissen bekanntmachen, in leitenden Artikeln wahre, ächte Freiheit, Gesetzlichkeit, Ordnung und gemässigten Fortschritt predigen, die Menge statt zu verwirren und zu verführen, richtig leiten, und aufzuklären suchen, und die politischen und sonstigen Neuigkeiten in guter Auswahl und möglichst vollständiger Form liefern. … Daher bald abonnirt, gelesen und geurtheilt.“ Den katholisch-konservativen Kurs der Zeitung unterstrich dann seit Mai 1849 für gut dreißig Jahre der Redaktionsleiter Johann Baptist Planer.

Hochgeachteter Unternehmer

Der vielseitig interessierte und begabte Zabuesnig hatte sich bereits als Angestellter des Attenkofer’schen Betriebes in das gesellschaftliche Leben Landshuts eingebracht, war z.B. 1841 Mitgründer der Landshuter Liedertafel. Er wurde Mitglied des Magistrats der Stadt, wirkte als Vorsitzender des Gemeindekollegiums, vertrat Landshut im niederbayerischen Landrat. Er war einer der Initiatoren der Freiwilligen Feuerwehr und Kommandant des Landwehrbataillons Landshut, engagierte sich als Besitzer des Gutes Siebensee auch im Landwirtschaftlichen Verein und gründete den Bienenzuchtverein Niederbayern. Das Unternehmen, das unter dem Namen „Jos. Thomann’sche Buchhandlung und Buchdruckerei“ firmierte, baute er stetig aus: Er investierte in Schnellpressen, errichtete 1874 eine neue Druckerei an der Ländgasse 117. 1877 erweiterte und modernisierte er das Verlagsgebäude Altstadt 89, das bis heute Sitz der „Landshuter Zeitung“ ist. Zum 70. Geburtstag verlieh ihm die Stadt Landshut die Ehrenbürgerwürde, er erhielt vom bayerischen Staat den Titel „Kommerzienrat“ und den Michaelsorden IV. Klasse – „viel mehr konnte ein Bürgerlicher damals an Auszeichnung in Bayern nicht erwerben“ (Heinrich Egner).
Den Aufstieg und Erfolg seiner Zeitung – 1870 war sie mit einer Auflage von 5000 Stück das „meistgelesene Blatt Niederbayerns“ – konnte er noch lange mitgestalten und miterleben: Er starb hochgeachtet 1898. Im Nachruf betrauerte die „Landshuter Zeitung“ den „Verlust eines der edelsten Bürger unsrer Stadt“, rühmte die „hervorragenden Tugenden des Verblichenen als Bürger, Familienvater, Arbeitgeber, Wohlthäter der Armen und Berather der Bedrängten, Geschäftsmann und nicht zuletzt als treuer Sohn der katholischen Kirche“. Eine Straßenname in Landshut erinnert an ihn.

Verlagsgebäude Altstadt 89 in Landshut, um 1950 (Verlagsarchiv)

Attenkofer verbindet

Der Sohn Johann Baptist und die Enkel Hans und Heinrich von Zabuesnig führten das Unternehmen erfolgreich weiter. Zum 1. März 1943 aber musste die „Landshuter Zeitung“, die 1933 wie die anderen Zeitungen von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet worden war, ihr Erscheinen einstellen. Nach Kriegsende verweigerte die amerikanische Besatzungsmacht sogenannten „Altverlegern“ eine Presselizenz. Die Erbengemeinschaft von Zabuesnig hatte ihre Gebäude seit Juni 1946 der fremden Lizenzzeitung „Isarpost“ zur Verfügung zu stellen. Käthe von Zabuesnig, der Urenkelin des Zeitungsgründers, gelang es zwar nach Erlass der Generallizenz ab 1. November 1949 die „Landshuter Zeitung“ wieder erscheinen zu lassen und „auf dem Boden der heimatgebundenen christlichen Tradition“ zu etablieren. Die schwierige Situation mit der Konkurrenzzeitung „Isarpost“ aber veranlasste die kinderlose Verlegerin dazu, zum 1. Januar 1951 ihren Betrieb an die „Cl. Attenkofer’sche Kunst- und Buchdruckerei“ in Straubing zu übergeben.
Unter dem Straubinger Verleger Dr. Georg Huber wurde die „Landshuter Zeitung“ durch Übernahme und Einstellung der „Isar-Post“ zum 31. Dezember 1958 die einzige Tageszeitung Landshuts. 1966 entstand an der Ländgasse 116 ein neues Betriebsgebäude, 1974 wurde an der Porschestraße 20 die neue Druckerei eingeweiht. Nach dem Tod von Käthe von Zabuesnig 1985 ging auch das Stammgebäude Altstadt 89 in den Besitz der Straubinger Verlegerfamilie Huber/Balle über. So mündete das Werk, das Josef Attenkofer 1791 mit einer Buchbinderei in Landshut begonnen hatte, ein in das Unternehmen, das sein Enkel Clemens Attenkofer 1860 in Straubing begründet hatte – und das dessen Erben heute unter dem Namen „Mediengruppe Attenkofer“ führen.

Dorit-Maria Krenn