22.000 Jugendliche in 16 Städten waren es jüngst in der Schweiz, 30.000 Schüler in 50 deutschen Städten, 15.000 junge Menschen in Australien. Die freitäglichen Schülerstreiks für Klimaschutz haben sich seit Dezember zu einer globalen Protestbewegung entwickelt. Galionsfigur dieses Protests ist die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg, die seit Monaten jeden Freitag dem Schulunterricht fernbleibt und vor dem Parlament in Stockholm demonstriert. Ihren internationalen Ruf als Umweltaktivistin erlangte sie endgültig durch ihre Auftritte bei der UN-Klimakonferenz in Katowice 2018 und beim Weltwirtschaftsforum in Davos 2019.

Am Freitag, den 25.Januar 2019 streikten auch Deggendorfer Schüler, Anfang Februar zudem Schüler in Passau. Nicht nur in Niederbayern gerieten die Schulleitungen durch diese Freitagsproteste in Erklärungsnot. Einerseits wollte niemand den Jugendlichen banales „Schulschwänzen“ unterstellen, andrerseits kann kollektives Fernbleiben vom Unterricht und Missachtung der Schulpflicht nicht geduldet werden. So wurden die Aktionen unter der Voraussetzung ihrer Einmaligkeit kurzerhand zu „Veranstaltungen der politischen Bildung“ erklärt und im Nachgang gebilligt. Schließlich sei es positiv, wenn sich Schüler politisch engagieren, ließ der Präsident des Deutschen Lehrerverbands und Schuldirektor des Robert-Koch-Gymnasiums in Deggendorf, Heinz-Peter Meidinger, wissen. Wer könnte dem widersprechen?

Die Demonstrationen sollen weitergehen, in Niederbayern und anderswo, aber außerhalb der Schulzeit. Damit wäre der latente Vorwurf des Schulschwänzens entkräftet. Abzuwarten bleibt, wie lange die Jugendlichen ihr Engagement durchhalten. Ob sich dieses als kurzfristiger Hype entpuppt oder ein wirklich ernsthaftes Anliegen dahintersteckt? Dann nämlich sollte den bisher pauschalen Vorwürfen den Mächtigen und Alten gegenüber, die nach dem Vorbild Thunbergs bei Protestaktionen formuliert werden, auch Selbstreflexion folgen. Die Frage würde lauten: Was außer Protest kann ich selbst vor Ort konkret zum Klimaschutz beitragen? Möglichkeiten gibt es genug: Bewusst eine Stunde am Tag Smartphone und iPad abschalten, nicht permanent online sein, nicht in den sozialen Medien alberne Fotos empfangen und posten, würde die Großrechner in den Rechenzentren dieser Welt enorm entlasten. Dies wäre ein erster Schritt effektiver Stromeinsparung und wirksamen Klimaschutzes. Zum Geburtstag auf das iPhone der neuesten Generation verzichten und ein weiteres Jahr das alte benutzen, hilft nicht nur wertvolle endliche Rohstoffe sparen. Keine coolen Klamotten günstig online bestellen, die irgendwo auf der Welt von Kindern und Jugendlichen unter schlechtesten Arbeitsbedingungen für einen Hungerlohn hergestellt werden müssen. Die Welt auf diese Weise ein Stück besser machen, das wäre mal so richtig cool. Eine vitalstoffreiche Ernährung gelingt auch ohne Kiwis aus Neuseeland, Avocados aus Brasilien und Mangos aus den Tropen. Ebenso gesund ist heimisches Obst und Gemüse der Saison, das nicht Tausende von Seemeilen von riesigen, mit Schweröl betriebenen Containerschiffen über die Weltmeere geschippert wird. Und um den Abfall wenigstens zu verringern, kann man den Kaffee aus der guten alten Tasse trinken. Denn der Coffee- to-go-Becher mit Kunststoffdeckel ist ein No-Go. Weniger Müll, mehr Umweltschutz, besseres Gewissen. Kapiert?

Also, protestiert weiter, aber handelt danach!

MS
(Foto: Roland Binder)