Der Februar ist normalerweise der kürzeste Monat des Jahres – in Straubing nicht, zumindest, wenn man in der Stadtpfarrkirche St. Jakob eine im Boden eingelassene, eher unscheinbare Steinplatte bemerkt. Es ist ein Gedenkstein für den Priester Paul Windisch. Geboren im oberpfälzischen Schwandorf wurde er Priester der Diözese Regensburg, studierte als „Kleriker“ an der Universität Ingolstadt und wirkte dann als „Prediger“. 1558 wurde er zum Pfarrer in Straubing bestellt, in einer äußerst spannenden Zeit.

Straubing war damals auf dem besten Weg, eine protestantische Stadt zu werden. Vor allem die Führungsschichten, angesehene Ratsherren und wohlhabende Kaufleute, sympathisierten mit den Lehren des Reformators Martin Luther. In den Gottesdiensten standen die Menschen bei der Wandlung demonstrativ auf und drehten sich um, verweigerten die Teilnahme an Prozessionen, protestantische Schriften wurden gedruckt und gelesen, kluge junge Männer nach Wittenberg zum Studium geschickt. Der katholische Stadtherr Herzog Albrecht V., der nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 die Religion seines Landes bestimmen durfte nach dem Grundsatz „Eius regio, cuius religio“ – Wes das Land, des die Religion“, konnte dies nicht dulden. Er schickte daher u.a. in der Fastenzeit 1558 den bekannten Prediger und Jesuitenpater Petrus Canisius in seine „aufmüpfige Stadt“, um die Bewohner wieder zur „alten wahren katholischen Religion“ zurückzuholen.

Petrus Canisius predigt in Straubing, Glasfenster in der Schmidl-Kapelle in der Straubinger Kirche St. Jakob, 1903

Petrus Canisius predigt in Straubing, Glasfenster in der Schmidl-Kapelle in der Straubinger Kirche St. Jakob, 1903

Canisius forderte bei seinem Weggang „einen tauglichen Hirten für diese Schafe“. So wurde Windisch das Amt des Pfarrers übertragen – sein Vorgänger hatte sich dem Protestantismus zugekehrt und war aus Straubing verschwunden. Windisch galt als „Muster sehr großer Gelehrsamkeit und katholischer Gesinnung“. Aber auch er konnte offenbar die Straubinger nicht so recht überzeugen, denn am 15. Juni 1562 griff der Herzog zum äußersten Mittel: Er befahl neun führenden Ratsfamilien, entweder dem protestantischen Glauben abzuschwören oder Straubing und das Herzogtum Bayern „binnen acht Tagen“ zu verlassen. Sie fanden Zuflucht in der protestantischen Reichsstadt Regensburg.

Windisch war kein langes Wirken in Straubing vergönnt, wie die Platte aus Solnhofer Stein in der Kirche St. Jakob verrät:

R(EVERENDVS) D(OMI)N(VS)
M(AGISTER) PAVL(VS)
WINDISCH PAROC(HVS)
STRAVB(INGANVS) OB(IIT) A(NN)O M.D.
LXIII. XXXI. FEBR(VARII)

Übersetzt lautet die Inschrift, unter der noch ein abgetretenes Wappen zu erkennen ist:
Der ehrwürdige Herr Magister Paul Windisch, Pfarrer zu Straubing, starb am 31. Februar 1563.
Es wird in der Sekundärliteratur vermutet, dass das Todesdatum mit dem 31. Februar auf den damals gültigen Julianischen Kalender zurückgeht. Diesen am Sonnenlauf orientierten Kalender hatte 45 v. Chr. Julius Cäsar eingeführt. Da sich im Lauf der Jahrhunderte Verschiebungen ergaben, wurde er durch die bis heute gültige Kalenderreform unter Papst Gregor XIII. 1582 abgelöst. Aber: Auch im Julianischen Kalender war das Jahr in zwölf Monate eingeteilt, mit je einem Schaltjahr alle vier Jahre – und während die anderen Monate 30 bzw. 31 Tage zählten, war auch hier der Februar mit 28 Tagen bzw. 29 Tagen in einem Schaltjahr der kürzeste Monat des Jahres. Wann starb also Windisch wirklich? Weitere schriftliche Aufzeichnungen hierzu gibt es nicht. Vielleicht ist die Lösung „menschlich“: Der Steinmetz hat einen Fehler gemacht und ein X zu viel gemeißelt?

Wer die Steinplatte sehen will: Sie liegt in der Straubinger Stadtpfarrkirche St. Jakob, Pfarrplatz, im Boden, links vom Hochaltar, in der Nähe der Tür zur Sakristei.

Dorit-Maria Krenn
Foto: Peter Schwarz