Was nehmen die Menschen heute am liebsten zum Bauen? Beton natürlich! Mit dem Beton hat es aber einen Haken. Er wird immer teurer, weil der Sand dazu mehr und mehr fehlt. Aber Sand gibt es doch genug, nicht wahr? In der Wüste zum Beispiel. Das Problem ist, in der Wüste wirbelt der Wind den Sand die ganze Zeit hin und her. Die Sandkörner schleifen sich aneinander ab und verlieren ihre spitzen Zacken und Kanten. Am Ende sind sie ganz rund und, wenn man Beton daraus machen will, völlig nutzlos. Für Beton braucht man groben, scharfkantigen Sand. Und der entsteht nur, wenn Gestein verwittert. Und das dauert Millionen von Jahren. Es entsteht also schon immer neuer Sand. Das Problem dabei ist aber, im Moment verbrauchen wir Menschen im einem Jahr doppelt so viel Sand, wie überhaupt entstehen kann.

In Vietnam und Mali verschwinden Flussbetten über Nacht, auf den Kapverden und in Kambodscha Strände und in Ghana die Felder der Bauern. Wer steckt dahinter? Menschen, die sich „Sandunternehmer“ nennen. Überall, wo es nur geht, bauen sie illegal Sand ab und liefern den Stoff, aus dem unsere Häuser sind. Egal ob das in Accra, Moskau, Shanghai, München oder in Röhrnbach ist.

Was erzählt das über unsere Lebensweise, über unsere Wirtschaftsform, den Kapitalismus, wenn auf einmal der Rohstoff ausgeht, der sprichwörtlich immer, wie Sand am Meer, da ist?

Gibt es einen Weg aus dem Teufelskreislauf? Ja! Und zwar, Baustoffe nicht nur einmal, sondern mehrmals zu verwenden. Was passiert, wenn man auf einmal alles, vom Kronkorken, über die Plastikflasche, bis zu alten Pflastersteinen und Türen zum Bauen nimmt? Dann kommt am Ende ein Recyclinghaus dabei heraus. Eine Utopie? Nein, das gibt es längst. Auch bei uns zu Hause in Deutschland. Zum Beispiel in Hannover steht seit einiger Zeit ein Haus, das nur aus recycelten Materialien gebaut ist. In Übersee gibt es ganze Dörfer, die fast nur aus alten Plastikflaschen bestehen. Die römische Villa Officina Roma ist ganz aus Müll und in Dänemark gibt es Häuser, aus alten Schiffscontainern. Und das Recyclinghaus in Hannover? Fast die gesamte Fassade, die Türen, die Fenster, die Wände, das Glas, die Dämmung aus alten Jutesäcken, die Wandverkleidung im Bad (aus alten Kronkorken), ja sogar das Fundament, das alles sind recycelte Baustoffe aus der Region rund um Hannover.

Was sich heute wie eine ganz neue Idee anhört, ist eigentlich eine ganz alte. Früher haben die Menschen nutzlose Burgen und Stadtmauern abgetragen, wenn sie neue Häuser bauen wollten. Es ist höchste Zeit, dass wir wieder lernen, nachhaltig zu denken, auch wenn wir es mit Hilfe des Kapitalismus verlernt haben.

Christoph Goldstein
Fotos: Gundlach Bau und Immobilien https://www.gundlach-bau.de/