1989 wurde auf Veranlassung von Landrat Dr. Georg Karl gegenüber dem Autobahnanschluss Plattling-Nord bei Pankofen ein Gedenkstein aufgestellt. Auf dem Granitfindling ist zu lesen: „Bruno Güpner / Für seine Verdienste um die Autobahn / München – Deggendorf / Aus Dankbarkeit gewidmet / Landkreis Deggendorf“. Wer war Bruno Güpner und was hatte er mit dem Bau der A92 zu tun? Güpner wurde 1922 in München geboren. Auf das Abitur folgte sein Einsatz bei der Luftwaffe als JU-52-Pilot. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er an der TU München Bauingenieurwesen und war daraufhin zunächst an der Entstehung der Tiroler Inntalautobahn beteiligt. Im Folgenden leitete er das Straßenbauamt Traunstein, dann das Straßen- und Wasserbauamt Pfarrkirchen. Von 1967 bis 1971 unterstand Güpner das Straßenbauamt Deggendorf.

Bruno Güpner im Jahre 1976

Die einstige Reichs- und spätere Bundesstraße 11 verlief von Krün (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) über München, Landshut und Deggendorf nach Bayerisch Eisenstein (Landkreis Regen). Diese wurde in den 1960er Jahren zwischen München und Deggendorf zur B11neu umgestaltet. Das Straßenbauamt Deggendorf war für den Abschnitt zwischen Wallersdorf und Deggendorf zuständig. Im September 1968 wurde mit der Herstellung der 5 km langen Umgehung von Wallersdorf begonnen. Im März 1969 verkündete Bundesverkehrsminister Georg Leber, dass die B11neu zur Autobahn A120 ausgebaut werden soll. Norbert Baier, damals Baurat im Straßenbauamt Deggendorf, erinnert sich an die Reaktion von Bruno Güpner auf diese Aussage des Bundesverkehrsministers: „Schon am nächsten Tag (…) trommelte Güpner (…) seine engsten Mitarbeiter zusammen und eröffnete ihnen, dass er der mit der einbahnigen Ortsumgehung beschäftigten Baufirma den Auftrag gegeben habe, unverzüglich mit dem zweibahnigen, also vierspurigen Ausbau der Ortsumgehung Wallersdorf zu beginnen. Das alles geschah ‚freihändig‘, also ohne die erforderliche öffentliche Ausschreibung.“ (DZ 28.09.2007)

Mit diesem völlig selbstständigen Agieren wollte Bruno Güpner sicherstellen, dass die zukünftig von München kommende Autobahn bei Deggendorf mit der ebenfalls geplanten A3 verbunden werden sollte. Eine Alternative wäre der Verlauf der A120 über Landau sowie Straubing und der Anschluss an die A3 bei Kirchroth gewesen. Güpner handelte im Sinne des Freistaates Bayern, der ebenfalls 1969 die Aufnahme der Verbindung München-Deggendorf in den Ausbauplan für Bundesfernstraßen erreichte. Im Frühjahr 1970 jedoch wurde die vorgesehene Aufstufung des 11 km langen Abschnitts zwischen Wallersdorf und Sautorn zu einer Autobahn vom Bundesverkehrsministerium zurückgenommen. Daher entstand auf Initiative des Deggendorfer Notars Dr. Max Gössl, mit dem Güpner gut bekannt war, ein „Aktionskomitee“ mit dem Titel „Rettet die Autobahn München – Landshut – Deggendorf“. Anfang Juli 1970 sollten eine Sternfahrt nach Wallersdorf sowie dort eine Großkundgebung stattfinden, zu der unter anderem regionale Politiker, die Industrie, der DGB und der ADAC aufriefen. Da Bundesverkehrsminister Leber aber den Baustopp wieder aufhob, sagte man diese Demonstration kurzfristig ab. Im September wurde das vorübergehend einspurig ausgeführte Teilstück Wallersdorf-Sautorn (heute Wallersdorf-West – Plattling-West) für den Verkehr freigegeben und im November 1972 nach dem vierspurigen Ausbau als erster Autobahnabschnitt in Niederbayern eröffnet. Er erlangte damals unter der Bezeichnung „Fünf-Minuten-Autobahn“ überregionale Bekanntheit.

In den folgenden Jahren schritt der Bau der A120 insgesamt – unter anderem in der Folge der Ölkrise von 1973 – nur schleppend voran (DZ vom 21.07.1973: „Autobahn – Ostbayerns Sorge Nummer eins“; DZ vom 19.02.1975: „Nirgends läuft der Autobahnbau so zäh wie bei uns“). Daher setzten sich zahlreiche niederbayerische Politiker der CSU und der SPD für das Projekt ein. 1975 erfolgte die Umbenennung der „A120“ in „A92“. Deren Fertigstellung entwickelte sich wie folgt (heutige Bezeichnung der Autobahnanschlüsse): 1978 wurden die Abschnitte von München-Feldmoching bis Oberschleißheim, von Neufahrn bis Freising-Ost und von Plattling-West bis zum Kreuz Deggendorf dem Verkehr übergeben (Anschluss an die A3: seit 1975 zwischen Deggendorf und Iggensbach, seit 1984 zwischen Straubing und Deggendorf befahrbar). 1980 folgte das Teilstück zwischen Oberschleißheim und Kreuz Neufahrn (Verbindung zur A9). Die Umfahrung von Landshut zwischen Moosburg-Nord und Landshut/Essenbach wurde 1984 eröffnet, 1987 folgten die Abschnitte Freising-Ost – Moosburg-Nord und Landshut/Essenbach – Dingolfing-Mitte, ein Jahr später war das Teilstück zwischen Dingolfing-Mitte und Wallersdorf-West an der Reihe. Mit der Freigabe der Verbindung vom Autobahnkreuz Deggendorf zur Anschlussstelle Deggendorf-Mitte einschließlich der Donaubrücke Fischerdorf war die A92 1991 mit einer Gesamtlänge von 134 km fertiggestellt. In einer 1991 herausgegebenen Broschüre wird betont: „Die A92 ist für Niederbayern deshalb von herausragender Bedeutung, weil sie die industriell und landwirtschaftlich geprägten Produktionszentren in den Regionen Landshut und Donau-Wald sowie die Erholungsgebiete des Bayerischen Waldes mit dem Großraum München verbindet.“  Die A92 ist eine moderne Variante der seit Jahrtausenden im Isartal verlaufenden Verkehrsader zwischen Ober- und Niederbayern. Die ursprüngliche B11 (ca. 300 km) wurde zwischen Deggendorf und Landshut sowie zwischen Moosburg und München durch die A92 ersetzt und jeweils zu einer Staatsstraße abgestuft. Die B11 hat heute nur noch eine Länge von etwa 150 km.

Der 1989 beim Autobahnanschluss Plattling-Nord aufgestellte Gedenkstein erinnert an Bruno Güpner.

Wie verlief das Leben von Bruno Güpner nach seinem Abschied vom Straßenbauamt Deggendorf weiter? Im Auftrag der UNO war er 1971/72 in Thailand sowie 1973 im Jemen als Straßenbau-Berater tätig. 1975 erfüllte er diese Aufgabe – inzwischen als Ministerialrat „Referent für Autobahnbau in der obersten Baubehörde“ – in Liberia, Sierra Leone und Zaire. 1977 kam er während einer Dienstfahrt in der Nähe von Graz bei einem Autounfall ums Leben. Der Verlauf der A92 nach Deggendorf ist tatsächlich – wie auf dem eingangs erwähnten Gedenkstein beschrieben – im Wesentlichen auf Güpners Initiative zurückzuführen. Denn Bundesverkehrsstaatssekretär Karl Wittrock betonte 1972 anlässlich der Streckeneröffnung der „Fünf-Minuten-Autobahn“ Wallersdorf – Sautorn, dass „die elf Kilometer vom seinerzeitigen Straßenbauamtsleiter (…) Bruno Güpner eingemogelt worden“ seien (DZ 07.06.1973).

Florian Jung