König Ottokar II. (1232-1278) von Böhmen war ein skrupelloser Feldherr. Mit allen Mitteln versuchte er sein Einflussgebiet zu vergrößern. Eines Tages im Jahr 1266 zog er mit einer großen Armee vor die Tore von Deggendorf. Den Stadtgraben und die Mauern konnte er nicht überwinden. Das wusste er. Wenn er die Stadt also nicht im Sturm nehmen konnte, so musste er sie eben belagern.

Tage und Wochen vergingen. Die Verteidiger wurden müde. Bald hatten sie fast nichts mehr zu essen oder zu trinken. Ihre Schwäche auszunutzen, war der Plan Ottokars. Und so schickte er einen Spion los. Er sollte die Stadtmauer erklimmen und den passenden Zeitpunkt für einen Überraschungsangriff auskundschaften. Denn auch Ottokars riesigem Heer gingen allmählich die Vorräte aus. Der Spion kletterte also behend die Mauer empor. Er warf einen kurzen Blick über die Zinnen der Stadtmauer – nichts zu sehen. Nur ein Wächter, der sich vor Hunger und Müdigkeit nicht mehr auf den Beinen halten konnte und eingenickt war. Gerade als er seinen Kopf heben wollte, um einen zweiten Blick über die Zinnen zu erhaschen, da traf ihn ein riesengroßer Knödel im Gesicht! Fast wäre er die Mauer hinuntergestürzt. Geknickt berichtete er Ottokar, dass die Deggendorfer so viele Vorräte besäßen, dass sie sogar in der Lage seien mit Essen zu werfen. Zerknirscht zog Ottokar ab und zog in Richtung Passau weiter.

Aber wer hatte den Knödel geworfen? Es war eine Frau, die aus den letzten Essensresten, die sie noch zu Hause hatte, einen großen Knödel gemacht hatte und ihn ihrem Mann auf die Mauer bringen wollte. Gerade als sie nach ihrem Mann rufen wollte, wo er denn sei, da erblickte sie den feindlichen Spion und traf ihn mit dem Knödel voll im Gesicht. Deggendorf war gerettet!

Heute erinnert die Bronze-Skulptur der Knödelwerferin an die beherzte, heldenhafte Tat. Die Künstlerin Erika Einhellinger, die in Deggendorf wohnt, hat 1985 diese Skulptur geschaffen. Heute steht sie in der Deggendorfer Altstadt. Ganz in der Nähe, wo einst der Stadtgraben verlief und die Knödelwerferin Deggendorf vor einem schlimmen Schicksal bewahrte. Mittlerweile ist der Stadt Deggendorf ihr Ruf als „Knödelstadt“ weit vorausgeeilt. Das liegt aber nicht an der Sage, sondern vielleicht eher an der Geschäftstüchtigkeit der Deggendorfer.

Christoph Goldstein
Foto: Stadt Deggendorf