In seiner bezaubernden Erzählung „Der erste Christbaum“ schildert der österreichische Schriftsteller Peter Rosegger (1843-1918), wie er als Schüler von seiner Studienstadt von Graz nach Alpel an Weihnachten heimfährt und dort die im Bergbauernhof versammelte Familie, die Knechte und Mägde am Heiligabend heimlich mit einem Bäumchen mit brennenden Wachskerzen überraschte. Alle waren sprachlos. Sie staunten und waren verwundert, bis endlich ein Junge, der aus dem Tal war, richtig vermutete: „Es könnte ein Christbaum sein“.

Seinen geschichtlichen Ursprung hat der Christbaum in den die Vertreibung von Adam und Eva thematisierenden Paradiesspielen der mittelalterlichen Kirchen. Dort wurde ein Lebensbaum aufgestellt, der mit Äpfeln, Oblaten und anderen Backwerk behangen war und eine Beziehung mit dem eucharistischen Heiland herstellte, aber keine Lichter trug. In der frühen Neuzeit verließ der Christbaum dann die Kirchen und hielt Einzug in die Privathäuser. Die erste bekannte Nachricht eines Christbaums stammt um 1600 aus der Chronik von Schlettstadt. 1605 ist ein erster Christbaum in Straßburg erwähnt. In München ist ein Christbaum mit Lichtern seit Beginn des 19. Jahrhunderts bekannt. Ihn soll die Frau des bayerischen Königs Max I in der bayerischen Landeshauptstadt seinerzeit eingeführt haben.

1846 leuchtete erstmals auch ein Christbaum in einer Landshuter Wohnung. Es war in der Wohnung des niederbayerischen Regierungspräsidenten Zenetti. In dessen Familie existierte schon Jahre zuvor der Brauch, einen Christbaum aufzustellen. Ab dem Jahr 1846 nahm der Christbaum schließlich Einzug in die Landshuter Wohnzimmer, wenngleich sich anfangs nur Angehörige der Ober- und Mittelschicht einen solchen leisten konnten. Vereine stellten Christbäume auf und veranstalteten Christbaumfeiern, um ihre Mitglieder und die Gesellschaft mit dem Glanz eines Baumes zu erfreuen und zu verzaubern.

Eine Annonce des Zinngießers Karl Sämmer für Christbaumschmuck aus der Landshuter Zeitung vom
20.12.1884

Anno 1855 inserierte der Landshuter Spirituosenhändler in der Grasgasse, Robert Jurisch, am Heiligabend eine „Einladung zum Christbaum mit passenden Geschenken“ für „alle Diejenigen, die dieses Vergnügen sich nicht zu Hause schaffen können“ zu halten. Zu dieser Christbaumschau bot der Spirituosenhändler ein „billiges, gutes Glas Punsch“ an. Das Beiblatt der LZ schrieb am 22. Dezember 1867 in einer „Weihnachtsrundschau“ mit Werbeanzeigen: „Der Mittelpunkt der Weihnachtsbescherung bildet der Christbaum, um den in der Mitte des Zimmers aufgestellt, sich alle Familienmitglieder scharen…Man nimmt die immergrüne Tanne, zum Zeichen der steten und ewigen Lebendigkeit des Christentums, befestigt an deren Gipfel gewöhnlich eine mit Goldflitter verzierte Engelsgestalt, als Zeichen des Friedens, der am heutigen Tage über die Erde ausgegossen (wird) und auch in der Familie herrschen soll. Die einzelnen Aestchen und Zweige putzt man mit hellfarbigen Bändern aus und befestigt an ihnen die Wachslichter; aber nicht genug mit diesem Schmucke, auch die verschiedensten Baumfrüchte des Sommers, vergoldtete Nüsse, Aepfel, Kastanien und die zierlichsten Gestalten, wie sie aus der Hand des erfinderischen Zuckerbäckers hervorgehen, müssen an den Zweiglein prangen.“. Doch nicht nur in Deutschland und Europa feierte der Christbaum seinen Siegeszug im Laufe des 19. Jahrhunderts, denn Auswanderer brachten diese Tradition auch in die Neue Welt. 1891 stand erstmals ein Christbaum vor dem Weißen Haus in Washington.

Mario Tamme
Fotos: Stadtarchiv Landshut