Inmitten von sanften Hügeln, durchzogen von Hopfengärten, liegt das Wasserschloss Train, über Jahrhunderte Wohnstatt von Fürsten und Edeldamen. Der berühmteste Gast aber war kein Adeliger. Es war Emanuel Schikaneder, ein Mann des Theaters.

Am 1. September 1751 erblickt er in Straubing das Licht der Welt. Seine Eltern sind bitterarme Dienstboten. Als der Vater stirbt, geht die Mutter mit den Kindern nach Regensburg. Dort verkauft sie im Dom Rosenkränze und Heiligenbildchen. Emanuel kommt aufs kostenlose Jesuitengymnasium. Hier werden Musik und Theater großgeschrieben. Aber schon bald hat er genug von der Schule und wird als Musiker durchs Land ziehen.

Als er sich einer Wanderbühne anschließt, geht es steil nach oben. Es dauert nicht lange, da ist er Regisseur und schließlich Chef der Truppe. Schikaneder, dieser Name bedeutet Action! Tosende Wasserfälle, grollende Vulkanausbrüche und blutige Schlachten auf der Bühne, das sind seine Spezialitäten. Sein Bühnenzauber ist berühmt, seine holprigen Verse sind berüchtigt – dabei sind seine komischen Singspiele, heute würde man Musicals dazu sagen, bei den Menschen äußerst beliebt.

Das kommt Kaiser Joseph II. wie gerufen. Ganz Europa schwärmt zu dieser Zeit für die italienische Oper, der Kaiser jedoch will das deutsche Singspiel triumphieren sehen; geklappt hat das nie, aber er holt Schikaneder nach Wien. Dort macht Schikaneder seine Sache gut; zu gut. Der Kaiser merkt schnell, wieviel Geld und Ruhm Schikaneder einheimst. Bald droht seine Beliebtheit das kaiserliche Burgtheater zu überstrahlen – also lässt ihn der Kaiser wieder fallen.

Schikaneder muss wieder von vorn anfangen. Über Salzburg, Augsburg und Memmingen gelangt er mit einer neuen Truppe schließlich nach Regensburg. Die Regensburger sind begeistert. Und Schikaneder hat einiges zu bieten: zum Beispiel Schillers Räuber. Alles, was im Drama nur erzählt wird, die Schlacht der Räuber gegen die Soldaten zu Pferde, eine brennende Stadt, der Sturm des Schlosses, all das wird dargestellt, und noch dazu unter freiem Himmel!

Vor allem die Damen sind von Schikaneder begeistert; besonders Elisabeth von Train, erst seit kurzem Schlossherrin von Schloss Train. Zuerst war sie eine einfache Dienstbotin, dann die Mätresse von Karl Anselm von Thurn und Taxis und schließlich hat er sie geheiratet und zur Schlossherrin gemacht. Schikaneder ist oft auf Schloss Train zu Gast; zu oft. Auch das ist ein Grund, warum er Regensburg über Nacht donauabwärts Richtung Wien verlässt.

Man sagt, und dieses Gerücht hält sich hartnäckig, Schikaneder hätte auf Schloss Train nicht nur seine Geliebte besucht, sondern auch Teile des Librettos der „Zauberflöte“ geschrieben. Aber das ist eine Fabel.

Das Libretto zur Zauberflöte ist mit Sicherheit erst in Wien entstanden und das ganz kurzfristig. Libretti sind zu der Zeit fast immer Teamwork. Weil es schnell gehen muss, sind meistens mehrere Dichter am Werk. Warum sollte es bei der Zauberflöte anders gewesen sein? Es geht darum, schnell den nächsten Hit zu landen, am besten noch vor der Konkurrenz. Und deswegen hat man oft in kürzester Zeit ein Textbuch zusammengeschustert. So ist es bei der Zauberflöte auch gewesen: Ein konkurrierendes Theater hatte das Singspiel „Kaspar, der Fagottist, oder die Zauberzither“ herausgebracht, also antwortete Schikaneder mit der Zauberflöte. Herausgekommen ist ein Stück voller inhaltlicher Brüche und wiedersprüchlicher Charaktere. Wenn Mozart dazu nicht die Musik geschrieben hätte, wäre das Stück heute vergessen und Schikaneder wahrcheinlich ebenfalls. Aber Mozart brauchte Geld. Über die Oper „La Clemenza die Tito“, für die Mozart die Arbeit an der Zauberflöte gern unterbricht, schreibt er in sein Werkverzeichnis: „eine wirkliche Oper“.

Christoph Goldstein
Foto: Sabine Bäter