Die Geschichte der an dem Fluss Isar gelegenen Stadt Landshut ist eng mit dem Gewerbe der Fischer verbunden. Ende des 15. Jahrhunderts existierten 70 Fischer bei einer Gesamtbevölkerung von circa 10.000 Personen in der Stadt. Unter diesen Fischern gab es vier Hoffischer, von denen zwei in Landshut und zwei in Piflas ansässig waren. Die Hoffischer hatten die Aufgabe, den herzoglichen Hof auf der Burg Trausnitz mit Fischen zu versorgen. Der Fischhunger des Herzogshofes war groß, sodass die benötigten Fische nicht nur aus der Isar und den umliegenden Gewässern, sondern auch aus dem Chiemsee, Simssee, Osterhofen oder dem Lichtensee bei Niederviehbach stammten. Von der Landshuter Fürstenhochzeit 1475 ist bekannt, dass dort mehrere Tonnen Stockfische, Fluss- und Seefische verspeist wurden. Die Hoffischer waren gegenüber den Stadtfischern privilegiert. So war es den Stadtfischern verboten, in der Nähe der Hoffischer zu fischen. Fischte ein Hoffischer auf der Isar, so musste ein hinzukommender Stadtfischer mit seinem Boot weiterfahren, denn er durfte nicht in der Nähe des Hoffischers seine Netze auswerfen oder angeln. Die gefangenen Fische veräußerten die Fischer an den Fasttagen und „in den Fasten“, d. h. während der Fastenzeit in der Länd. Fasttage waren keine Seltenheit, denn der frühneuzeitliche Kalender zählte rund 150 Fasttage. An diesen Tagen durften in den zahlreichen Gasthäusern der Stadt kein Fleisch ausgekocht oder abgegeben werden. Als große Abnehmer von Isarfischen galten vor allem die zahlreichen Landshuter Klöster. Die Fischerfamilien wohnten in der Länd oder am Isargestade.

Der Röcklturm hieß früher Fischmeisterturm

Noch heute erinnert der „Röcklturm“ an die ehemaligen Fischer, denn in früherer Zeit hieß er auch „Fischmeisterturm“. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert wohnten in ihm die (kurfürstlichen) Hoffischermeister. Um 1800 ging der Turm schließlich in Privathände über, aber er blieb weiterhin bis Anfang des 20. Jahrhunderts von Fischern bewohnt. Großen Wohlstand brachte das Fischerhandwerk zwar nicht mit sich, allerdings konnten sich Fischerfamilien über Generationen hinweg großes Ansehen in der Stadt erwerben. Das bekannteste und traditionsreichste Fischergeschlecht in Landshut waren zweifelsohne die „Lichtenwallner“. Der Name dieses Geschlechts findet sich bereits im 14. Jahrhundert in der Stadt. Über die Familie „Lichtenwallner“ wissen wir deshalb noch heute so gut Bescheid, da ein Vertreter der Familie, Georg Lichtenwallner, im Jahr 1841 in seinem Büchlein „Denkwürdige Begebenheiten aus dem Leben der bürgerlichen Fischermeister Georg zu Landshut“ seine Abenteuer und Erlebnisse festhielt. Damit setzte er seiner Familie ein Denkmal. Die Lichtenwallner hatten im Laufe der Zeit zahlreichen Menschen in Hochwassersituationen das Leben gerettet, weswegen sie öffentliche Anerkennung und Auszeichnungen erhielten. Im Jahr 1817 fing Sebastian Lichtenwallner mit Unterstützung seines Bruders Joseph einen 49 Pfund wiegenden Huchen, der im Anschluss in der Gastwirtschaft Harscherbräu bei einem großen Fischessen verspeist wurde. Am 22. April 1818 vollbrachte Sebastian das Glanzstück in der Liebenau einen lebendigen Biber einzufangen. Er brachte ihn nach Hause und ließ ihm von dem Huf- und Waffenschmied Sommerer Fesseln für seine Hinterfüße anfertigen. Lichtenwallner gelang es, das Tier zu zähmen, sodass es ihm aus der Hand fraß. Schließlich schickte er das zahme Tier durch Vermittlung des Grafen von Etzdorf als Geschenk an König Ludwig I.

Der Fischermeister Georg Lichtenwallner rettete im Jahr 1798 einen Kanonikus,
der samt Gespann und Kutsche nahe dem Zollhaus in die Isar gestürzt war.

Einst galt die Isar als der fischreichste Fluss Bayerns und der Huchen als ihr König. Neben dem Huchen bevölkerten aber auch Äschen, Aale, Forellen und Lachse den Fluss und selbst Donauwaller und Störe sollen sich dann und wann in alter Zeit in die Isar verirrt haben. Die zahlreichen Altwasserarme des Flusses beherbergten zudem Hechte und Karpfen. Über Jahrhunderte hinweg gab so die Isar dem Gewerbe der Fischer Arbeit und Brot. Die industrielle und technische Entwicklung, das Verschwinden der Altwasser durch Verbauung und Flusskorrekturen und das Aufkommen der Energiewirtschaft führte letztlich zum drastischen Rückgang des Traditionsgewerbes der Fischer. 1912 existierten noch 8 berufsmäßige Stadtfischer in Landshut. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es dann nur noch vier Berufsfischer. Der letzte berufsmäßige Fischermeister Gühl beendete sein Geschäft um 2010 in Landshut.

Mario Tamme
Fotos/Abbildungen: Stadtarchiv Landshut, Denkwürdige Begebenheiten aus dem Leben des bürgerlichen Fischermeisters Georg Lichtenwallner zu Landshut, Landshut 1841.