In vielen Kommunikationssituationen, ob bei umgangssprachlichen Unterhaltungen im Bekanntenkreis, bei öffentlichen Ansprachen oder in der Literatur – überall begegnen uns bildhafte Redewendungen und Sprichwörter. Sie sind als Stilmittel willkommen, weil sie unsere Sprache generell und die individuelle Ausdruckfähigkeit im Besonderen bereichern. Ihre Botschaft ist meist allgemein verständlich. Dagegen erklärt sich ihre Herkunft nicht automatisch, weist diese doch häufig weit in die Kulturgeschichte zurück. Sprichwörtlich gesagt: Ob man redet, wie einem der Schnabel gewachsen ist oder nur seinen Senf dazugibt, diplomatisch durch die Blume spricht, ob die Worte elegant aus der Feder fließen oder ob man mit spitzer Feder schreibt; für beinahe jede Situation findet sich eine passende Redewendung. Der jeweilige Ursprung hingegen erweist sich oft als Buch mit sieben Siegeln.

Will man also Verborgenes zu Tage fördern, sollte man auf den Busch klopfen. Das praktizieren die Treiber mit Stöcken, um bei Treibjagden das verborgene Wild aufzuscheuchen. Wanderer verlaufen sich gelegentlich im Wald. Dann sind sie auf dem Holzweg. Gemeint ist ein Stichpfad abseits des Hauptwegs, der ins Nichts führt. Denn Holzwege werden von den Forstverwaltungen zu einzelnen Waldparzellen hin angelegt, einzig um von dort das gefällte Holz abzutransportieren. Also gilt für Spaziergänger mit Orientierungsschwierigkeiten die Aufforderung zur Achtsamkeit „Holzauge, sei wachsam!“. Ursprünglich war dies die zünftige Mahnung an Zimmerer- und Schreinerlehrlinge, nicht über einen Ast im Holz, ein Holzauge, zu hobeln, um das Werkzeug nicht zu beschädigen. Es soll aber extrem ungeschickte Menschen geben, von denen behauptet wird, sie seien dumm wie Bohnenstroh. Dieser Vergleich rührt vom groben Ernterückstand der Stangenbohnen her, der im Gegensatz zum Getreidestroh zu fast nichts mehr zu gebrauchen ist. Trotzdem, selbst der klügste Mensch macht Fehler – manchmal zu viel. Dann könnte es heißen: Das geht auf keine Kuhhaut. Diese Redewendung führt einerseits zu den vielschreibenden Mönchen des Mittelalters zurück, die ihre Schriften auf Pergament aus Kälber- und Schafhäuten verfassten. Andererseits herrschte der Volksglaube, der Teufel würde die Verfehlungen der Menschen notieren. Manchmal sollte dazu eine Kuhhaut nicht ausreichen. Wer ohne Selbstreflexion lediglich andere kritisiert, will nur den Splitter im fremden Auge sehen. Dabei handelt es sich um eine biblische Redensart (Matth., 7, 3-5). Daraus erklärt sich der Splitterrichter. Der Begriff gilt als Schöpfung Martin Luthers, ebenso wie dessen Erweiterung des Matthäus-Wortes: „Was siehest du aber den Splitter in deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge!“. Wo die Dinge letztlich doch noch gut oder glücklich gelaufen sind, hört man oft: Schwein gehabt! Glücklich schätzen konnte sich früher nämlich, wer (ein) Schwein hatte und nicht hungern musste. Wegen seiner bauchigen Form  nutzt man seit dem 17. Jahrhundert das Sparschwein zur Geldaufbewahrung. Auch auf diese Weise erweist sich das Schwein manchmal als Glücksschwein.

Viele Redewendungen lassen sich auf Zünfte und alte Handwerksberufe, also auf Berufsfachsprachen zurückführen. Andere knüpfen an die heimische Flora und Fauna an; sie gelten als naturkundlich begründete Redensarten. Selbstredend ist die Bibel für manchen Spruch gut. Und nicht zuletzt hat uns die mittelalterliche Rechtspflege ein beachtliches Sprachrepertoire beschert. Sich mit diesem traditionsreichen, aber nach wie vor lebendigen Sprachschatz zu beschäftigen, ist nicht nur interessant Es macht gleichermaßen Spaß.

MS