Karierte Tischdecken, Salz und Pfeffer, ein Holzbrett, auf dem dekorativ Radieserl und Käsewürfel angerichtet werden, ein Obazda – das sind klassische Zutaten für einen gelungenen Biergartenbesuch. Dazu noch eine resche Brezn und ein süffiges Bier. Aber woher stammt die Idee eines Trinkkonsumortes unter Bäumen? Jenem geselligen und lauschigen Ort unter den schattenspendenden Kastanien, der heute identitätsstiftend für Bayern und ein Exportschlager ist.

Die Geburtsstunde des bayerischen Biergartens lässt sich auf das Jahr 1812 datieren. Die durch den bayerischen König Max I. Joseph erlassene Verfügung des sog. „Minuto-Verschleißes“ erlaubte den Brauereien den Direktverkauf ihres Bieres auf dem Bierkeller in den Monaten von Juni bis September. Diese Keller, die je nach Region auch als Sommer-, Märzen- oder Felsenkeller bekannt sind, befanden sich häufig getrennt vom Brauereistandort und oft außerhalb der Stadt.

Bis zur Erfindung der künstlichen Kühlung durch Carl von Linde 1875 benötigten die Brauereien für die Gärung und Lagerung ihres Märzen- oder Sommerbieres, also jenem Bier das im März gebraut und im Sommer konsumiert wurde, Bierkeller. Die kühlen Keller, die zum Teil zusätzlich mit Natureis temperiert wurden, waren unerlässlich für die Herstellung untergäriger Biere wie Pils, Lager oder Helles. Denn für diese Biere werden Temperaturen von 4 bis 9 Grad benötigt.

Mit der Freigabe, das Bier „in Minuto zu verschleißen“, durften die Brauer in den Sommermonaten die Keller auch als Ausschankstätte nutzen. Somit haben die Biergärten ihren Ursprung über den kühlen Lagerkellern, in denen das untergärige Bier reifte. Da das Verabreichen von Speisen untersagt war, brachten die Gäste ihre Brotzeit selbst mit. Eine Tradition, die sich vielerorts bis heute gehalten hat.

Die Städter entdeckten im 19. Jahrhundert die Natur als Ausflugsziel. Und aus den Lagerkellern wurden Ausflugslokale mit Bierausschank, in denen die ganze Familie einkehrte. Unter dem schattigen Laubdach der Bäume genossen sie ihr frisch gezapftes Bier. Der Biergarten wurde zu einem Ort gleich einem Paradies, in dessen Mittelpunkt – neben dem Bier und der Brotzeit – die Gemütlichkeit bis heute steht.

Ein Biergarten ist also erst dann ein Biergarten, wenn unter diesem ein Lagerkeller und drüber Kastanienbäume sowie ein Bierausschank sind. Dann kann von einem echten Biergarten gesprochen werden. Alles andere sind sogenannte Schanigärten, Gast- oder Wirtsgärten.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege verzeichnet in seiner Denkmalschutzliste 90 unter Denkmalschutz stehende Biergärten. Davon sind nur circa 30 heute noch in Betrieb, die anderen aufgelassen. Die „echten“ Biergarten sind also rar geworden, so dass man jetzt ihren Eintrag in die Liste des immateriellen Kulturerbes beantragt.

CD