Ein Bär ist in Beziehung zum Menschen vieles: ein wildes Tier, ein in Form eines Teddybären geliebtes und verniedlichtes Tier, ein ausgerottetes Tier oder wie der Tanzbär ein von Menschen beherrschtes Tier. Schon vor Jahrtausenden diente die Haltung von Bären oder anderen Raubtieren dem Prestige von Herrschern. Diese konnten mit der in Gefangenschaft gehaltenen Bären ihre Macht über die „wilden Bestien“ beweisen. Inszenierte Schaukämpfe zwischen Tieren dienten der Unterhaltung des Hofstaates. Eine Praxis, die es zum Teil noch im 19. Jahrhundert an europäischen Fürstenhöfen gab. Die herrschaftliche Bärenhaltung fand ihr volkstümliches Gegenstück in den Bärenkäfigen der wandernden Menagerien und in den Tanzbären. Tanzbären sind zumeist abgerichtete Braunbären, die auf Kommando tanzähnliche Bewegungen ausführen. Solche dressierten Bären waren bzw. sind zum Teil bis heute hinein eine Attraktion auf Jahrmärkten, in Zirkussen als auch auf öffentlichen Plätzen.

Die erlernten Kunststücke wurden zum Teil durch grausame Dressurmethoden den Bären beigebracht. Die Bären mussten auf einer heißen Eisenplatte stehen oder andere Qualen durchleiden, während eine Melodie spielte. Um den Schmerzen zu entgehen, „tanzten“ die Bären. Später reichte es, dieselbe Melodie anzustimmen und die Tiere fingen wieder mit den Bewegungen an. Mittels klassischer Konditionierung dressierten die Besitzer den Bären. Der Maulkorb, beschnittene Krallen und der an einer Schnur befestigte schmerzhafte Nasenring machte die Tiere zum Sklaven. Sie waren dem Willen ihres Besitzers ausgeliefert.

Als Attraktion präsentierten fahrende Schausteller die dressierten Bären auch in Niederbayern. So etwa in Zwiesel oder in Straubing. Man merkte dem Bären an, dass er (gar alkoholisiert?) mit dem Gleichgewicht rang und von einer Hinterpfote auf die andere auswich. Immer wenn er wieder zurück auf den Boden mochte, hinderte ihn der Schlag der Rahmentrommel daran. Die Faszination von Tanzbären und dessen Vertrautheit fanden seit 1900 als aufziehbare kleine Tanzbären Einzug in die Kinderzimmer und auch Playmobil hatte einen Tanzbären im Programm.

Tierschutzorganisationen wie „Vier Pfoten“ oder der Verein „Gewerkschaft für Tiere“, der 2008 einen Bärenpark in Hart bei Bad Füssing (Landkreis Passau) eröffnet hat, setzen sich für ein Verbot der Tanzbär-Haltung und -Dressur ein. Sie verhandeln mit Besitzern und dem Staat über die Freilassung der oft kranken oder extrem verhaltensgestörten Tiere oder kaufen Tanzbären frei. Für die ehemaligen Zirkus- und Tanzbären enden damit die erlebten Qualen. Mittlerweile ist die Abrichtung und Haltung der Tanzbären in der EU offiziell verboten und dennoch sind sie weiterhin eine Attraktion von fahrenden Schaustellern und Zirkussen in Osteuropa (u.a. in Russland, Bulgarien, Rumänien, Serbien oder der Türkei) und Südostasien (Indien, Sri Lanka, Vietnam). In Deutschland ist die Zurschaustellung von Tanzbären seit 1990 verboten.

Cindy Drexl
Foto: Stadtarchiv Straubing