2023 wurde von der UNESCO der Internationale Tag des Immateriellen Kulturerbes ins Leben gerufen. Weltweit finden seither am 17. Oktober Aktionen und Veranstaltungen statt, die die Vielfalt des immateriellen Kulturerbes sichtbar machen und aufzeigen, dass es sich um Überlieferungen handelt, die auch heute noch aktiv praktiziert und weitergegeben werden. Unter dem Begriff Immaterielles Kulturerbe versteht man über Generationen weitergegebene Traditionen, Kenntnisse und Praktiken wie mündliche Überlieferungen, traditionelle Handwerkskünste sowie Tanz, Musik und Theater. „Unsichtbar“ sind diese kulturellen Ausdrucksformen also nur bedingt: Zwar sind sie nicht materiell greifbar, doch sie zeigen sich auf vielfältige Weise, etwa als handwerkliche Fertigkeit oder hörbare musikalische Äußerung.

Niederbayern und die Oberpfalz sind reich an lebendiger Kulturtradition. Teil des immateriellen Kulturerbes in der Oberpfalz sind zum Beispiel „Der Drachenstich“ in Furth im Wald, der „Kötztinger Pfingstritt“, Spitzenklöppeln oder das einzigartige Zoigl-Bier, aus Niederbayern stehen beispielsweise das Englmarisuchen, die Studioglasbewegung oder die Kerzenwallfahrt zum Bogenberg auf der Liste des Immateriellen Kulturerbes. Bereits 2016 wurde der Zwiefache vom Expertenkomitee Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen UNESCO-Kommission ins das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Die Musikgattung wurde als identitätsstiftende Kulturform gewürdigt, die in großer Vielfalt erscheint und generationsübergreifend begeistert. Die bayerisch-böhmische Musikspezialität, die sich durch einen Wechsel zwischen Dreiviertel- (Walzer) und Zweivierteltakt (Dreher) auszeichnet, wird sowohl musiziert als auch getanzt und gesungen. Die älteste bayerische Schriftquelle, die einen Zwiefachen enthält, ist eine um 1740 datierte Musikhandschrift im Stadtarchiv Amberg. Schon in den frühen 1930er Jahren brachten die Umfragen des „Atlas der deutschen Volkskunde“ mehrere hundert Belegorte für Zwiefache in Bayern hervor. Heute ist der Zwiefache – auch dank intensiver Pflege und Weitergabe durch die bayerischen Institutionen der Volksmusikpflege – fester Bestandteil der bayerischen Volksmusikszene. Hauptverbreitungsgebiete sind Niederbayern und die Oberpfalz, doch begegnet er auch in vielen weiteren bayerischen Regionen und in Österreich.

Um den Zwiefachen erlebbar zu machen und die kulturelle Ausdrucksform aktiv zu praktizieren, bieten die Bezirke Niederbayern und Oberpfalz zum Tag des immateriellen Kulturerbes einen Tanz- und Mitspielabend an, zu dem alle Interessierten eingeladen sind: Am 17. Oktober 2025 wird im Gasthaus Hofmark Eins, Hofmark 1 in Mallersdorf-Pfaffenberg eine bunte Auswahl an Zwiefachenmelodien vorgestellt, zu denen getanzt werden kann. Der Akkordeonist und Zwiefachen-Spezialist Willi Bauer aus Passau spielt einfache und verzwickte Zwiefache aus seinem Repertoire. Instrumentalisten sind eingeladen zum auswendigen Mitmusizieren, und natürlich darf auch einfach nur zugehört werden. Der Eintritt ist frei!

Eine weitere musikalisch überlieferte Ausdrucksform feiert der Bezirk Niederbayern gemeinsam mit dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V. am 18. Oktober 2025: Das Gstanzlsingen, das mit gereimten, teils spontan erdachten Vierzeilern auf humoristische Weise wirkliche und erfundene Begebenheiten vorträgt. Anlässlich des 50. Todestages des Roider Jackl, Bayerns bekanntestem Gstanzlsänger, findet im Freilichtmuseum Massing ein Abend rund ums Gstanzlsingen statt. Renate Maier und Andreas Aichinger, beide langjährig versiert in der tradierten Kunst des Vierzeilergesangs, geben Gstanzl aus ihrem Repertoire zum Besten. Daneben spielt die Gruppe ZechFreiStil freche bayerische Wirtshauslieder und mitreißende selbstgemachte Musik. Auch zu dieser Veranstaltung ist der Eintritt frei, sie wird gefördert von der Rosner & Seidl-Stiftung.

Weitere Infos zu beiden Veranstaltungen bietet die Homepage https://www.volksmusik-niederbayern.de/aktuelles/.

Veronika Keglmaier
Foto: Marcus Rebmann