Ein neues Juwel dicht hinter der Grenze – Das Museum für Hinterglasmalerei in Kvilda (Außergefild)

Eines Tages, um die Mitte des 19. Jahrhunderts, stach den böhmischen Schriftsteller Josef Meßner offensichtlich der Hafer: Im „Neuen Wiener Volkskalender“ machte er sich über den Außergefilder Bilderfabrikanten Johann Verderber lustig. Er sei ein „Verderber des guten Geschmacks“. Mit dem etwas platten Wortspiel erregte Meßner zwar Aufsehen, aber er lag mit seiner Einschätzung gründlich daneben. Die Außergefilder Hinterglasbilder waren damals beim breiten Volk äußerst beliebt, sie verkauften sich prächtig. Allerdings wurden die schlichten, aber gerade deshalb so eindringlichen Hinterglasbilder auch von hochrangigen Künstlern sehr geschätzt. Man denke nur an die Maler des „Blauen Reiter“, die sich in ihrer Neuausrichtung der Malerei zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Hinterglasbildern aus Böhmen maßgeblich inspirieren ließen. Der Außergefilder Hinterglasbildmalerei wurde nun durch ein Museum in Kvilda ein würdiges Denkmal gesetzt.
Wie kam die Hinterglasmalerei nach Außergefild? – Ein „Steuersparmodell“ Raimundsreuter Maler
Der entscheidende Impuls für die Entstehung der Hinterglasmalerei in Außergefild ging von dem im Fürstbistum Passau gelegenen Bayerwald-Dorf Raimundsreut aus. Hier etablierte sich etwa seit der Mitte der 1770er Jahre die Hinterglasmalerei. Vor allem die berühmte Kreuzberger St.Anna-Wallfahrt hatte die Nachfrage nach Devotionalien enorm ansteigen lassen. Mit den farbigen Hinterglasbildern aus dem in Sichtweite zum Kreuzberg gelegenen Dorf Raimundsreut konnte man diese Nachfrage bedienen. Die Malerfamilien Hilgart aus Kreuzberg bzw. Vierhäuser und Peterhansl in Raimundsreut begründeten das klassische Raimundsreuter Hinterglasbild. Sie entwickelten daraus ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Als Berufsmaler hatten sie kaufmännisch zu denken. Da gab es dann u.a. folgende Fragen zu klären: Wie gelangt man an den teuren Rohstoff Glas? Welche neuen Absatzmärkte kann man erschließen? Und ja, wie kann man Steuern und Abgaben sparen?
Die Lösung dieser Fragen fanden die Raimundsreuter Maler Johann und Bernhard Peterhansl sowie der Kreuzberger Maler Kaspar Hilgart in Außergefild jenseits der Grenze zu Böhmen, nur wenige Kilometer von Finsterau entfernt. Schon seit etwa 1780 hatte man über den „Goldenen Steig“ Hinterglasbilder nach Außergefild gehandelt. Und nun begründeten die drei Maler dort gegen Ende der 1780er Jahre eine inoffizielle „Außenstelle“ der Raimundsreuter Hinterglasmalerei. Das Glas bezogen sie sehr preisgünstig aus den nahegelegenen böhmischen Glashütten, zudem ersparte man sich die Ausfuhrzölle und auch die Gewerbesteuer. Das Geschäftsmodell florierte. Innerhalb von 10 Jahren produzierten die drei Maler in Außergefild Bilder für ca. 10 000 Gulden. Eine beträchtliche Summe, für die man z.B. drei stattliche Anwesen hätte erwerben können. Im Jahr 1798 aber schöpfte der böhmische Fiskus Verdacht: Man witterte, nicht ganz zu Unrecht, Steuerhinterziehung. Die Prager Behörden setzten die Raimundsreuter Maler unter Druck, sie sollten sich dauerhaft in Außergefild niederlassen, ansonsten bekämen sie Gewerbeverbot. Zähneknirschend zogen nun die Gebrüder Peterhansl und Kaspar Hilgart nach Außergefild um. Damit entwickelte sich Außergefild zur Geburtsstätte der böhmischen Hinterglasmalerei – mit Malern aus Raimundsreut und Kreuzberg als „Geburtshelfer“.
Die Malerfamilie Verderber
Den Vertrieb der Hinterglasbilder übernahmen Kraxenträger, die als Hausierer die zerbrechlichen Bilder mit ihren Rückengestellen oft über weite Strecken zu den Empfängern trugen. Viele dieser Hausierer stammten aus Krain im heutigen Slowenien. Diese „Krainer“ nannte man im Volksmund „Kraner“. Mit den Raimundsreuter Malern kam auch der in Krain geborene „Kraner“ Michael Verderber nach Außergefild, wo er 1792 heiratete und ansässig wurde. Der eigenartige Name könnte auf den damaligen Ort „Verderb“ in Krain zurückgehen. Michael Verderber betätigte sich dabei nicht nur als Hausierer, sondern auch als Hinterglasmaler.
Vermutlich verwaltete Michael Verderber die Außergefilder „Außenstelle“ der Raimundsreuter Maler in deren zeitweiliger Abwesenheit. Als die Gebrüder Peterhansl und Kaspar Hilgart schließlich wieder dauerhaft in ihre alte Heimat zurückkehrten, führte Michael Verderber die Glasmalerei in Außergefild weiter. Er leitete nun eine eigenständige Entwicklung der Außergefilder Bilder ein. Um 1818 übernahm Johann Verderber (1793-1870), der Sohn von Michael Verderber, die Werkstatt. Er baute einen straff organisierten, wirtschaftlich sehr erfolgreichen Betrieb zur Produktion von Hinterglasbildern auf. Dazu gehörte auch noch eine Gastwirtschaft mit ausgezeichneter Küche. Die Bilder wurden in Arbeitsteilung hergestellt. Johann Verderber beschäftigte etwa 10 – 15 Personen als Malergesellen, Risszeichner, Farbenreiber, Rahmenmacher usw. Mit dieser rationellen Produktionsweise entstanden in den 1840er Jahren in Außergefild jährlich bis zu 40 000 Bilder. Der tüchtige Geschäftsmann Johann Verderber brachte es durch die Produktion und den Vertrieb der Bilder zu beträchtlichem Wohlstand.
Einige Jahre vor dem Tod seines Vaters Johann Verderber im Jahr 1870 übernahm Franz Verderber die Werkstatt. Auch unter seiner Führung florierte das Geschäft. Es ist erstaunlich, dass sich die Außergefilder Hinterglasmalerei sogar lange Zeit gegen die Konkurrenz des billigeren Öldrucks behaupten konnte. Das war der Raimundsreuter Hinterglasmalerei nicht gelungen. Das Ende der Außergefilder Hinterglasmalerei wurde dann jedoch im Jahr 1881 abrupt besiegelt: Ein Brand zerstörte das gesamte Verderber-Anwesen samt Werkstatt, Inventar und Rissvorlagen. Zwar errichtete Franz Verderber ein neues Haus, doch die Schuldenlast war zu groß. Im Jahr 1886 wurde das neue Anwesen versteigert. Damit fand die Außergefilder Hinterglasmalerei ihr endgültiges Ende.
Die Außergefildener Bilder – Entwicklung eigenständiger Stilelemente
Anfänglich ähnelten sich die Bilder aus Raimundsreut und Außergefild verständlicherweise sehr stark. Aber allmählich entwickelten die Außergefilder Bilder ihren eigenen Stil: Rot- und Brauntöne im Gesicht, spezielle Blautöne, typische Gesichtsformen und eigenständige Dekorelemente, z.B. in Sternchenform. An Bildarten gab es ursprünglich Goldschliffbilder, Spiegelbilder und Farbbilder. Später dominierten dann die Kartuschbilder, häufig mit Sockelzonen mit kräftiger Schrift.
Das neue Museum in Außergefild
An prominenter Stelle im Ort Kvilda, direkt neben der Kirche, entstand das neue Museum für die Außergefilder Hinterglasmalerei. Parallel dazu wurde auf bayerischer Seite das „Hinterglaseum“ in Schönbrunn am Lusen errichtet. Beides sind „Spiegelprojekte“ Rahmen eines Interreg-Programms. Das Grenzüberschreitende zeigt sich auch darin, dass Marina Reitmaier-Ranzinger, die frühere Kulturmanagerin des Landkreises Freyung-Grafenau, einen wertvollen Beitrag leistete im Hinblick auf die Begründung des Außergefilder Museums. Zudem verbindet, ebenfalls grenzüberschreitend, ein Wander- bzw. Radweg über Finsterau und Buchwald die beiden Museen.
Im Außergefilder Museum werden die originalen Hinterglasbilder in edel anmutenden, raffiniert beleuchteten Vitrinen präsentiert, Schautafeln informieren zweisprachig über die Geschichte der Außergefilder Hinterglasmalerei. Ein Videofilm schildert sehr anschaulich, wie ein Hinterglasbild entsteht. Die mit üppig bemalten „Leinwandtapeten“ versehenen Wände der Museumsräume leuchten farbenfroh, sie zeigen im Großformat typisch Bildmotive der Außergefilder Malerei. Im Untergeschoss des Museums gibt es einen großzügigen Werkraum, in dem Gäste gegen einen kleinen Unkostenbeitrag selber Hinterglasbilder malen dürfen. Hierfür ist eine Anmeldung erforderlich. Dieses Angebot wird, so der Bürgermeister von Kvilda Radek Thér, sehr gut angenommen. Im gleichen Gebäude befindet sich zusätzlich auch noch ein Heimatmuseum.
Eine feuchtfröhliche Pointe – „Verbrüderung“ des Johann Verderber mit seinem Kritiker
Die oben erwähnte höhnische Kritik des Schriftstellers Josef Meßner hatte Johann Verderber schwer erzürnt. Er schwor bittere Rache, wenn es der Schriftsteller wage, nach Außergefild zu kommen. Persönlich kannte er Meßner nicht. Als dieser von dem angedrohten Rachefeldzug erfuhr, reiste er nach Außergefild und quartierte sich inkognito im Gasthaus des Johann Verderber ein. Im Schankzimmer traf er auf eine gutgelaunte Gesellschaft. Der Wirt Johann Verderber führte das große Wort. Im Laufe des sehr feuchtfröhlichen Abends kam es dann zur Verbrüderung des Wirts mit dem sich sehr leutselig gebenden Fremden, einschließlich Bruderkuss. Als Meßner sich schließlich „outete“, nahm der verblüffte Wirt von seinen Rachegelüsten Abstand. Ein Happy End in Außergefild!
Kontakt: E-Mailadresse: muzeum.kvilda@sumavanet.cz
Homepage: www.muzeumkvilda.cz
Literatur:
Reitmaier-Ranzinger, Marina, Die Hinterglasmalerei in Außergefild (unveröffentlichtes Typoskript, o.J.).
Schuster Raimund, Das Raimundsreuter Hinterglasbild, Morsak Verlag, Grafenau, 1980.
Stiess, Friedrich, Die ersten Glasbilder in Böhmen (Titel der deutschen Übersetzung). In: Cesky lid, 42. Jg., Prag 1955, Nr. 3, S. 129-130.
Gerhard Ruhland
Unsichtbare Kultur?

2023 wurde von der UNESCO der Internationale Tag des Immateriellen Kulturerbes ins Leben gerufen. Weltweit finden seither am 17. Oktober Aktionen und Veranstaltungen statt, die die Vielfalt des immateriellen Kulturerbes sichtbar machen und aufzeigen, dass es sich um Überlieferungen handelt, die auch heute noch aktiv praktiziert und weitergegeben werden. Unter dem Begriff Immaterielles Kulturerbe versteht man über Generationen weitergegebene Traditionen, Kenntnisse und Praktiken wie mündliche Überlieferungen, traditionelle Handwerkskünste sowie Tanz, Musik und Theater. „Unsichtbar“ sind diese kulturellen Ausdrucksformen also nur bedingt: Zwar sind sie nicht materiell greifbar, doch sie zeigen sich auf vielfältige Weise, etwa als handwerkliche Fertigkeit oder hörbare musikalische Äußerung.
Niederbayern und die Oberpfalz sind reich an lebendiger Kulturtradition. Teil des immateriellen Kulturerbes in der Oberpfalz sind zum Beispiel „Der Drachenstich“ in Furth im Wald, der „Kötztinger Pfingstritt“, Spitzenklöppeln oder das einzigartige Zoigl-Bier, aus Niederbayern stehen beispielsweise das Englmarisuchen, die Studioglasbewegung oder die Kerzenwallfahrt zum Bogenberg auf der Liste des Immateriellen Kulturerbes. Bereits 2016 wurde der Zwiefache vom Expertenkomitee Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen UNESCO-Kommission ins das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Die Musikgattung wurde als identitätsstiftende Kulturform gewürdigt, die in großer Vielfalt erscheint und generationsübergreifend begeistert. Die bayerisch-böhmische Musikspezialität, die sich durch einen Wechsel zwischen Dreiviertel- (Walzer) und Zweivierteltakt (Dreher) auszeichnet, wird sowohl musiziert als auch getanzt und gesungen. Die älteste bayerische Schriftquelle, die einen Zwiefachen enthält, ist eine um 1740 datierte Musikhandschrift im Stadtarchiv Amberg. Schon in den frühen 1930er Jahren brachten die Umfragen des „Atlas der deutschen Volkskunde“ mehrere hundert Belegorte für Zwiefache in Bayern hervor. Heute ist der Zwiefache – auch dank intensiver Pflege und Weitergabe durch die bayerischen Institutionen der Volksmusikpflege – fester Bestandteil der bayerischen Volksmusikszene. Hauptverbreitungsgebiete sind Niederbayern und die Oberpfalz, doch begegnet er auch in vielen weiteren bayerischen Regionen und in Österreich.
Um den Zwiefachen erlebbar zu machen und die kulturelle Ausdrucksform aktiv zu praktizieren, bieten die Bezirke Niederbayern und Oberpfalz zum Tag des immateriellen Kulturerbes einen Tanz- und Mitspielabend an, zu dem alle Interessierten eingeladen sind: Am 17. Oktober 2025 wird im Gasthaus Hofmark Eins, Hofmark 1 in Mallersdorf-Pfaffenberg eine bunte Auswahl an Zwiefachenmelodien vorgestellt, zu denen getanzt werden kann. Der Akkordeonist und Zwiefachen-Spezialist Willi Bauer aus Passau spielt einfache und verzwickte Zwiefache aus seinem Repertoire. Instrumentalisten sind eingeladen zum auswendigen Mitmusizieren, und natürlich darf auch einfach nur zugehört werden. Der Eintritt ist frei!
Eine weitere musikalisch überlieferte Ausdrucksform feiert der Bezirk Niederbayern gemeinsam mit dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V. am 18. Oktober 2025: Das Gstanzlsingen, das mit gereimten, teils spontan erdachten Vierzeilern auf humoristische Weise wirkliche und erfundene Begebenheiten vorträgt. Anlässlich des 50. Todestages des Roider Jackl, Bayerns bekanntestem Gstanzlsänger, findet im Freilichtmuseum Massing ein Abend rund ums Gstanzlsingen statt. Renate Maier und Andreas Aichinger, beide langjährig versiert in der tradierten Kunst des Vierzeilergesangs, geben Gstanzl aus ihrem Repertoire zum Besten. Daneben spielt die Gruppe ZechFreiStil freche bayerische Wirtshauslieder und mitreißende selbstgemachte Musik. Auch zu dieser Veranstaltung ist der Eintritt frei, sie wird gefördert von der Rosner & Seidl-Stiftung.
Weitere Infos zu beiden Veranstaltungen bietet die Homepage https://www.volksmusik-niederbayern.de/aktuelles/.
Veronika Keglmaier
Foto: Marcus Rebmann
Kultur auf vier Beinen

Was wäre ein prachtvoller Festzug in Bayern, zumal auf dem Oktoberfest, ohne geschmückte Prachtrösser und Kutschen? Eben. Wenige würden am Straßenrand stehen, wenn Traktoren die festlichen Brauereiwägen zur Münchner Wiesn ziehen würden. Deshalb braucht es Menschen wie Martin Pauli aus Katzenbach bei Böbrach im Landkreis Regen. Der 51-Jährige ist ein handwerklicher Tausendsassa: Schmiedemeister, Metallbaumeister, Wagenbauer, Kutscher, Pferdezüchter, Landwirt – er kann viel, macht aber kaum Aufhebens darum, wie es gemeinhin die Art der Waidler ist. Seine Aufträge sind dementsprechend vielseitig, in der Festesaison wird er aber vor allem für Umzüge mit seinen Rössern gebucht. Die Anfragen kommen sogar aus Österreich. Seit einigen Jahren ist er auch auf dem größten Volksfest der Welt im Einsatz. Am Oktoberfest zieht er für Hofbräu in München die Brauereikutsche durch die Straßen der bayerischen Hauptstadt. Und das nicht nur beim großen Festumzug am ersten Tag, sondern jeden Tag solange die Wiesn läuft.

Für jedes Gespann ein Zertifikat
Während die Vorschriften früher noch weniger streng waren, braucht man heute (bedingt durch manchen Unfall in der Vergangenheit) für jedes Gespann einen eignen Fahrkurs. Und weil diese nun Pflicht sind, sind die Kurse natürlich teurer als früher. „Zum Glück haben meine Frau Ramona und ich die meisten Kurse schon damals gemacht“, sagt Martin Pauli. Und so konnte er auch die hohen Auflagen beim Oktoberfest erfüllen, nachdem ein Kollege, für den er schon länger im Auftrag mitgefahren war, verstarb und Pauli selbst den Job übernahm. Untergebracht ist er während der 17 Tage Wiesn im Zirkus Krone, wo er morgens um 6 Uhr die Pferde putzt und schmückt und um 11 Uhr mit dem Brauereiwagen losfährt, um bis 16 Uhr auf dem Oktoberfestgelände präsent zu sein. Dort wird schnell klar, warum es einen Profi braucht – sowohl im Umgang mit Pferden, als auch mit Menschen. „Man kann es sich nicht vorstellen, wie es da zugeht. Ich wundere mich jedes Mal, wo die ganzen Leut‘ überall herkommen.“ Natürlich hat er auch einige Anekdoten parat.

Anekdoten von der Wiesn: „Es ist da Wahnsinn“
Manch ein Gast, der zu tief in den Maßkrug geschaut hat, möchte auf den Pferden reiten. Andere schieben den Kinderwagen samt Kinder unter die Pferde, damit die Kleinen die Tiere ganz hautnah streicheln können… „Es is da Wahnsinn“, fasst es Martin Pauli zusammen. Allerdings hat er vor Ort die nötige Befugnis, auch mal die Security zu rufen, wenn es zu weit geht. Seine Pferde indes müssen ihm aufs Wort gehorchen und er muss sich auf die Tiere hundertprozentig verlassen können. „Nicht jedes Tier ist dafür geeignet.“ Diese „Gaudi“ mit den Pferden zu üben und auch das ein oder andere Tier weiterzuverkaufen, wenn es für diesen Zweck von seinem Naturell her nicht gemacht ist – das ist während des ganzen Jahres eine zeitintensive Herausforderung. hinzukommen auch Sondertrainings wie etwa das Lanzenstechen mit den Pferden, die bei der Landshuter Hochzeit eingesetzt werden. Seine belgischen, polnischen und süddeutschen Kaltblüter, die er Wilma, Tini oder Sofie nennt, sind also ein Stück bayerisches Kulturgut, das es ohne Menschen wie Martin Pauli nicht geben würde.
Manuela Lang
Fotos: Manuela Lang, Nicole Wandinger, Martin Pauli
In der Artothek Niederbayern: Georg Fuchssteiner

Am 25. September um 18:00 Uhr eröffnet die Artothek Niederbayern ihre erste Ausstellung mit dem Titel „Lüfterl“. Zur Eröffnung spricht Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl. Gezeigt werden Arbeiten von Georg Fuchssteiner aus Straubing-Bogen. Viele kennen den Künstler durch die dort ansässige Phantasiewerkstatt, die er gemeinsam mit KollegInnen betreibt. Hier befindet sich neben seinem eigenen Atelier ein Freiraum und offenes Atelier für alle mit einem Kursangebot für Kinder und Jugendliche sowie die Kunstgalerie Goldnuss.
In den Räumen der Artothek zeigt Fuchssteiner, der von 2003 bis 2009 Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert hat, neue Arbeiten auf Papier und Leinwand. Unter dem Titel „Lüfterl“ werden Aquarelle und Malereien präsentiert, die durch ihre verspielte Leichtigkeit bestechen.
Im Bestand der Artothek befinden sich zwei Arbeiten von Georg Fuchssteiner. Die Ausstellung soll nun einen tieferen Einblick in das Schaffen des Künstlers ermöglichen.
Seine Arbeitsweise könnte man so beschreiben: „Der Künstler zeichnet und malt zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Das vielschichtige Werk von Georg Fuchssteiner verdeutlicht seine nie enden wollende Neugier und Offenheit für Kunst, Musik und Literatur. Dabei entstehen sowohl Bilder, die persönliche Erlebnisse und Eindrücke verarbeiten, als auch solche einer fantastischen Bildwelt. Neben realistisch ausgearbeiteten Bildern schafft er auch intensive, zur Abstraktion neigende Werke, bei denen im motivisch verdichteten Bildraum dennoch immer wieder figürliche Elemente zu entdecken sind.“ (Zitat siehe Website der Galerie Jahn und Jahn, München)
Anette Röhr
Ode an die Freude – 250. Geburtstag eines „schlechten Gedichts“

Als Schiller im Frühjahr 1785 auf Einladung eines seiner Bewunderer, Christian Gottfried Körner (1756-1831) später Herausgeber der ersten Schiller-Gesamtausgabe, nach Leipzig reist, flieht er vor allem vor seinen Schulden. Weil sein 1783 geschlossener Vertrag als Theaterdichter am Mannheimer Theater ausläuft und Schiller bis über beide Ohren in Schulden steckt, sieht er keine andere Möglichkeit als die Flucht. Seine Lage ist derart schwierig, dass er fast im Schuldturm gelandet wäre. In Leipzig wird Schiller von Körner und seinem Freundeskreis herzlich aufgenommen. Er wohnt zeitweise auch in Körners Haus in Leipzig, aber vor allem ab September 1785 in dessen Weinberghaus in Loschwitz bei Dresden. Dank Körner kann er in Leipzig und Dresden frei von materiellen Sorgen u.a. an seinem Drama Don Carlos weiterarbeiten und außerdem viele wichtige Beziehungen knüpfen. Als Ausdruck von Schillers tiefempfundener Dankbarkeit zu seinem Freund und Mäzen Körner, entstand im Sommer 1785, wohl noch in Leipzig, die berühmte Ode an die Freude. In diesem Gedicht, obwohl ein ganz spontaner Ausdruck der Dankbarkeit, das auch Züge eines Trinklieds nicht vermissen lässt („Brüder, fliegt von euren Sitzen, Wenn der volle Römer kreist, Laßt den Schaum zum Himmel sprützen: Dieses Glas dem guten Geist“), formuliert Schiller ebenjene Gedanken, die vier Jahre später zur französischen Revolution führen, gleich in der ersten Strophe:
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was der Mode Schwert geteilt;
Bettler werden Fürstenbrüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Der geneigte Leser, die geneigte Leserin wird sich an dieser Stelle denken, „Moment, das ist nicht die Ode an die Freude, die ich kenne!“ Und das stimmt, denn die erste, 1786 gedruckte Fassung unterscheidet sich in entscheidenden Details von der von Schiller 1803 revidierten Fassung, die heute bekannt ist. Es scheint fast so, als habe sich Schiller für seinen Enthusiasmus des Jahres 1785 nachträglich geschämt, denn aus den Versen
Was der Mode Schwert geteilt;
Bettler werden Fürstenbrüder
wird später:
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Und die letzte Strophe der ersten Fassung
Rettung von Tyrannenketten,
Großmut auch dem Bösewicht,
Hoffnung auf den Sterbebetten,
Gnade auf dem Hochgericht!
Auch die Toten sollen leben!
Brüder trinkt und stimmet ein,
Allen Sündern soll vergeben,
Und die Hölle nicht mehr sein.
streicht Schiller sogar komplett.
In einem Brief an Körner (Oktober 1800), 15 Jahre nach der Entstehung, schreibt Schiller sogar, das Gedicht sei schlecht:
„Die [Ode an die] Freude hingegen ist nach meinem jetzigen Gefühl durchaus fehlerhaft und ob sie sich gleich durch ein gewißes Feuer der Empfindung empfiehlt, so ist sie doch ein schlechtes Gedicht und bezeichnet eine Stufe der Bildung, die ich durchaus hinter mir lassen mußte um etwas ordentliches hervorzubringen. Weil sie aber einem fehlerhaften Geschmack der Zeit entgegenkam, so hat sie die Ehre erhalten, gewissermaaßen ein Volksgedicht zu werden. Deine Neigung zu diesem Gedicht mag sich auf die Epoche seiner Entstehung gründen; aber diese giebt ihm auch den einzigen Werth, den es hat, und auch nur für uns und nicht für die Welt noch für die Dichtkunst.“
In seinem eigenhändigen Werkverzeichnis hat Schiller das Gedicht lange absichtlich ausgelassen, obwohl die Ode an die Freude nicht nur heute, sondern schon zu Schillers Zeit ausgesprochen beliebt war, etwa als Studentenlied, und zahlreiche Vertonungen vorliegen. Heute ist fast ausschließlich die 1824 von Ludwig van Beethoven unternommene Vertonung bekannt, obwohl zum Beispiel Franz Schubert die Ode an die Freude bereits 1815 in der Besetzung für Singstimme und Klavier vertont hat:
Beethoven hat bereits 1793 und später immer wieder erwogen Schillers Gedicht in Töne zu setzen. 1812 schreibt er in eines seiner Skizzenbücher:
„Freude schöner Götterfunken – Ouvertüre ausarbeiten […] abgerissene Sätze wie Fürsten sind Bettler u.s.w. – nicht das Ganze“
Nach seiner achten Sinfonie wollte Beethoven eigentlich keine Sinfonie mehr schreiben. 1817 erreichte ihn jedoch ein Auftrag der Londoner Philharmonic Society, die Beethoven um die Komposition zweier Sinfonien und deren Uraufführung in London bat. Aber es dauert bis 1822 bis Beethoven, der mit den drei letzten Klaviersonaten und der Missa solemnis beschäftigt ist, dazu kommt im Kurort Baden bei Wien an den ersten drei Sätzen der 9. Sinfonie zu arbeiten, die er 1823 vollendet. Gegenüber der für uns heute wie selbstverständlich scheinenden Idee, den vierten Satz mit einem Chorfinale (Freude schöner Götterfunken) enden zu lassen, ist Beethoven während der Komposition in starke Zweifel geraten. Immer wieder denkt er über ein instrumentales Finale nach, sogar noch nach der Uraufführung am 7. Mai 1824. Dieses Chorfinale ist seit der Uraufführung bis heute ein großer Streitpunkt. Für den Komponisten Louis Spohr (1784–1859), ein Zeitgenosse Beethovens, ist es „monströs und geschmacklos und in seiner Auffassung der Schillerschen Ode […] trivial“. Der Dichter Ludwig Rellstab (1799–1860), der als Konzertberichterstatter über die Erstaufführung Ende November 1827 in Berlin schreibt, lobt besonders den zweiten Satz, das Scherzo, mit Abstrichen auch den ersten und dritten Satz, der vierte Satz hingegen sei problematisch:
„[V]om letzten Satz müsse man sagen, daß er an barocker Seltsamkeit alles überbietet, woran uns unser, an solchen Leistungen nicht arme Zeit, bisher zu gewöhnen gesucht hat. Es mischt sich aus dem Styl der ernsteren Kirchenmusik und der Opera buffa, und die Instrumentation trägt noch stets dazu bei, das Auffallende noch auffallender, das Unbegreifliche noch unbegreiflicher zu machen.“
Rellstab, der äußerst bewundernd über die dritte und fünfte Sinfonie geschrieben hat, formuliert hier das Grundproblem des vierten Satzes, denn Beethoven sprengt einerseits die Form der Sinfonie und „spricht“ auf der anderen Seite die Botschaft, die in der absoluten Instrumentalmusik steckt, die sich aber sonst unausgesprochen mitteilt (so wie etwa in der fünften Sinfonie das Motiv „per aspera ad astra“) ganz konkret aus. Beethoven versucht also im vierten Satz das Unsagbare auszusprechen. Zumindest die Utopie der revolutionären Gedanken Schillers, durch das Pathos des Chrofinales noch verstärkt, war 1824, zur Zeit der Restauration und des Metternichschen Überwachungsstaates noch viel größer als zur Zeit Schillers.
Christoph Goldstein
Fotos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_van_Beethoven#/media/Datei:Beethoven.jpg
Kulturelle Sommerferientipps

Tor zur Hölle?
Früher haben die Menschen, weil sie dort, schenkt man einer uralten Sage Glauben, das Tor zur Hölle vermuteten (deswegen auch der Name Höllbachgspreng) diese Stelle gemieden. Heute kommen hier jedes Jahr viele tausend Wanderer auf ihr Weg zum Großen Falkenstein vorbei. Das Höllbachgspreng ist schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts für die Forstwirtschaft tabu und so hat sich mit der Zeit hier allmählich eine Art Urwald entwickelt. Richtige Urwälder, das sind Wälder, die sich vollkommen ohne den Einfluss des Menschen entwickelt haben, gibt es allerdings bei uns nicht mehr. Trotzdem ist die Wanderung auf den Großen Falkenstein immer ein Vergnügen und auch gar nicht anstrengend, vielmehr sehr abwechslungsreich, vor allem dann, wenn man den Rückweg über die Ruckowitzschachten nimmt. Schachten sind uralte Wiesen, auf denen jahrhundertelang das Vieh geweidet hat. Der Name Ruckowitzschachten hat einen lustigen Ursprung: Vermessungsbeamte, des kniffligen Dialekts unkundig, haben sich von der Bezeichnung „Ruckawies“, die nur Einheimische verwenden, Irre führen lassen und aus „Ruckawies“ „Ruckowitz“ gemacht.
Wenn der Sommer mal Pause macht…
…lohnt es sich, bis das Wetter vielleicht wieder besser wird, einen Blick in ein hochinteressantes Buch zu werfen und einen Fluss, nämlich die Vils, auf eine ganz neue Weise zu entdecken. Doris Seibold ist den insgesamt 110 Kilometer langen Flusslauf zu Fuß gegangen und hat aus dieser Reise einen beeindruckenden Bildband gemacht mit viele Fotos und Texten gemacht. Unter anderem verfolgt sie die Vils bis zur Quelle. Das ist eine doppelte Arbeit, denn die Vils hat zwei Quellen, nämlich die große und die kleine Vils. Auf dem Weg vom Ursprung zur Mündung in die Donau bei Vilshofen, kommt man an vielen bedeutenden Orten vorbei, wie zum Beispiel den Schlössern in Gerzen und Aham, die Carl Joseph Franz de Paula Hieronymus Graf von Montgelas (1759–1838) im Jahr 1833 erworben hat. In der Gruft von Schloss Aham ist der berühmte Staatsreformer zur Ruhe gebettet, der Bayern unter Maximilian I nach französischen Vorbild zu einem modernen Staat gemacht hat.
Doris Seibold: Vom Zauber der Vils. Meine Herzenswege von der Quelle bis zur Mündung, Aurisium-Verlag, 130 Seiten
Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Urwald_am_H%C3%B6llbachgspreng.JPG
Volksmusikpicknick im Landshuter Prantlgarten

Große und kleine Musikliebhaber treffen sich beim Picknick im Grünen: Das Volksmusikpicknick des Bezirks Niederbayern bietet die Gelegenheit zum Musik hören, Tanzen, Schauen und Genießen! Kaffeetanten & Radi-Esser, Musikanten & Tänzer, Jung & Alt sind willkommen. Wer möchte, nutzt die idyllische Tanzgelegenheit unter freiem Himmel zum Ausprobieren von Walzer, Polka oder einem Zwiefachen, oder man beobachtet schlicht das bunte Treiben, genießt das schöne Ambiente auf der Wiese vor dem KOENIGmuseum und nascht aus seinem Picknickkorb.
Für Neulinge werden in einem Blitz-Volkstanzkurs die wichtigsten überlieferten Tanzschritte erklärt. Verpflegung, Picknickdecke und Sonnenschirm müssen selbst mitgebracht werden. Der Bezirk Niederbayern macht mit der Veranstaltung neugierig auf musikalische Überlieferungen aus der Region, die auch heute noch begeistern. Ebenso präsentiert der musikalische Nachmittag traditionelle Musik aus anderen Kulturkreisen, die in unserer Region Einzug genommen haben.
Heuer findet das Picknick am Sonntag, 3. August 2025, von 14 bis 18 Uhr im Landshuter Prantlgarten (Wiese vor dem Koenigmuseum), Prantlgarten 1, 84028 Landshut statt.
Es spielen der Niederbayerische Musikantenstammtisch und die UkrBand. Versierte Spieler dürfen ihr Instrument mitbringen und spielen mit dem Niederbayerischen Musikantenstammtisch mit!
Der Eintritt ist frei.
Der Niederbayerische Musikantenstammtisch spielt seit mehr als 20 Jahren auf, am Tanzboden und im Wirtshaus, auf Festen und – wie bei uns – auf der grünen Wiese. Die Gruppe überzeugt mit ihrer Musizierlust auch diejenigen, die mit Volksmusik bisher nichts am Hut hatten. Angetan haben es den Musikanten die Tänze: Landler, Schottische, Dreher und die schönsten Zwiefachen landauf und landab. Die UkrBand wiederum ist eine relativ neue Musikgruppe, die von ukrainischen Berufsmusikern gegründet wurde. Sie spielen virtuos auf Geige, Bandura (eine ukrainische Lautenzither), Akkordeon und Bass-Balalaika. Die Gruppe spielt verschiedene Musikstile, beim Volksmusikpicknick ist sie mit ukrainischem Folk vertreten. Auch die kleinen Besucher sind herzlich willkommen, zwischendurch werden Spiellieder für Kinder gesungen und getanzt.
Veronika Keglmaier
Foto: Peter Litvai
Die Roteiche – Baum der Zukunft?

Die Roteiche (Quercus rubra) ist der Baum des Jahres 2025. Was hat dieser Baum, der in den Nadel- und Laubmischwäldern im Osten Nordamerikas zu Hause ist und dessen Verbreitungsgebiet von den Prärien bis an die Atlantikküste und von der kanadischen Taiga bis zum Golf von Mexiko reicht mit unseren Wäldern hier in Niederbayern und Deutschland zu tun? Zu wenig, denn bei uns kommt der Baum gar nicht so oft vor. Kein Wunder, denn er ist ja in Nordamerika zu Hause. Jedoch ist die Roteiche, da sich die Wälder wegen der gestiegenen Temperaturen verändern müssen, vielleicht der Baum der Zukunft. Er könnte sogar, da er sehr anspruchslos ist, eine Alternative zu den uns weit verbreiteten Kiefern sein, da er sogar auf sandig-lehmigem Untergrund prächtig gedeiht.
Wann ist die Roteiche überhaupt zu uns gekommen?
Vor etwa 300 Jahren ist der Baum, über Frankreich nach Deutschland gekommen. Zunächst wurde die Roteiche vor allem in Parks, Gärten und herrschaftlichen Alleen angepflanzt, als exotische Rarität. Das holz- und forstwirtschaftliche Interesse hat die Roteiche damals noch nicht geweckt. Erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts findet sie sich allmählich auch in ganz normalen Wäldern. Heute ist sie in ganz Europa und in Skandinavien, Spanien, Italien, England, dem Balkan etc. weit verbreitet. Aber auch in städtischen Grünanlagen, Parks und auf Friedhöfen ist die Rot-Eiche auch bei uns schon lange nicht mehr wegzudenken und bereichert dort das herbstliche Farbenspiel der Baumkronen.
Wie hoch kann eine Roteiche werden?
Die Roteiche wird freistehend um die 25 Meter hoch, in dichteren Wäldern sogar bis zu 35 Meter. Ihre Krone ist in jüngeren Jahren wie ein Kegel geformt. Bei freistehenden Bäumen entwickelt sie sich mit zunehmendem Alter eher in die Breite. Die größte Roteiche in Deutschland befindet sich in der Nähe von Dresden. Sie steht im Schlosspark von Nöthnitz. Ihr Umfang beträgt fast sieben Meter. Ihr Alter ist leider unbekannt, sie wird aber auf etwa 175 Jahre geschätzt.
Wie kann man eine Roteiche erkennen?
Das auffälligste Erkennungsmerkmal der Roteiche sind ihre langstieligen, recht großen, spitz gelappten Blätter (ungefähr 20 bis 25 cm, gelegentlich auch etwas größer), wobei der Rand der einzelnen Lappen mit unregelmäßig verteilten kleinen spitzen Zähnchen besetzt ist. Im späten Herbst werden die Blätter tiefrot. Deshalb sind sie in den nördlichen Regionen Amerikas zum Großteil an der Farbenpracht des berühmten „Indian Summers“ beteiligt.
Baum der Zukunft?
Als Alleebaum im Ort, aber auch an Landstraßen, ist die Rot-Eiche, weil sie fast gar nicht empfindlich auf Streusalz reagiert, besonders geeignet, auch in Zukunft, denn sie ist überaus trockenheitstolerant und wird mit steigenden Temperaturen gut zurechtkommen. Im Vergleich zur Stieleiche bietet sie jedoch für Insekten keinen so guten Lebensraum, was Untersuchungen der Artenvielfalt in den Baumkronen gezeigt haben. Das Holz der Roteiche ist auch zum Bauen geeignet, zudem als Furnier- und Möbelholz und im Innenausbau. Der größte Vorteil der Roteiche ist aber, dass sie dank der Evolution in ihrer amerikanischen Heimat, Waldbrände in den ausgedehnten, auf sandigen Böden stehenden Kiefern-Kulturen bremsen bzw. stoppen kann. Warum? In breiten, dicht bepflanzten Streifen zwischen den Kiefernbeständen kann die schwer entzündliche Belaubung der Rot-Eichen die Ausbreitung eines Feuers über die Baumkronen verhindern. Die geringe Bodenvegetation sowie die schwer brennbare, dichte Laubstreu unter den Roteichen können die Ausbreitung eines Bodenfeuers stark verlangsamen, sodass mehr Zeit für das Eindämmen des Feuers bleibt.
Helmut Wartner
Foto: Uschi Dreiucker https://pixelio.net/de/media/610687-herbstleuchten-2
Aus dem KZ zur Zeitungslizenz

Über 90 Bewerber versuchten nach dem Kriegsende 1945 von der amerikanischen Militärregierung die Lizenz für eine Zeitung in Regensburg zu erhalten. Der Erhalt einer Zeitungslizenz versprach in einer Zeit ohne Fernsehen und Radio Macht und einen enormen finanziellen Gewinn. Durchsetzen konnte sich der Sozialdemokrat Karl Friedrich Esser, der damit einer der ersten Verleger in Bayern wurde. Zunächst sollte die entstehende Zeitung die kompletten Regierungsbezirke Oberpfalz und Niederbayern abdecken, weshalb auch der Kunstbegriff „Mittelbayerische Zeitung“ gewählt wurde.
Der Weg zur eigenen Zeitung war für Esser während der NS-Zeit mit viel Leid verbunden gewesen. Geboren wurde Esser am 25.2.1880 in Landau in der Pfalz. Nach einem Studium in München arbeitete er als bayerischer Finanzbeamter. 1922 übernahm er den Ortsvorsitz der SPD in Regensburg, 1925 erlangte er einen Sitz im Stadtrat. Obwohl er kein ausgebildeter Journalist war, sammelte Esser parallel journalistische Erfahrungen. Er schrieb über 500 Artikel für die sozialdemokratischen Zeitungen „Volkswacht für Oberpfalz und Niederbayern“ und die „Neue Donaupost“.
Nach der Machteinsetzung der Nationalsozialisten verlor Esser als SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und führendes Gewerkschaftsmitglied direkt seine Stelle. Er kam bereits im März 1933 für kurze Zeit ins Konzentrationslager (KZ) Dachau, aus dem er wenige Tage darauf entlassen wurde. Anfang Juli 1933 wurde er erneut verhaftet und als letzter der Regensburger Sozialdemokraten erst am 21.3.1934 freigelassen. Im KZ musste er unter anderem im August und September 1933 mit 50 anderen Häftlingen beim Straßenbau mitarbeiten. Mit bloßen Händen mussten sie eine Straßenwalze ziehen.[1]
Esser war danach gezwungen Regensburg zu verlassen und zog nach München, wo er bis 1944 als Steuerfachmann arbeitete. Obwohl er bereits 1933 aus der SPD ausgetreten war, wurde er häufig schikaniert, wie zum Beispiel durch Hausdurchsuchungen und Gestapovorladungen. Sein Engagement gegen die NSDAP und die Völkischen hatte bereits 1920 begonnen und war von den Nazis nicht vergessen worden. So hatte er unter anderem Waffen für den Reichsbanner Schutz der demokratischen Republik organisiert. Zudem war er bei der Wehrsportausbildung beteiligt. Hinzukommend hatte er noch im Februar 1933 als einer der Organisatoren an einer Demonstration gegen die Nationalsozialisten teilgenommen.
Esser versuchte sich nun ins NS-System zu integrieren, um so sich und seine Familie vor den Nachstellungen der Gestapo zu schützen.[2] Die OMGUS-Akten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv belegen, dass er zwischen 1936 und 1939 der Deutschen Arbeitsfront (DAF) angehörte und darüber hinaus der NS-Volkswohlfahrt (NSV) und dem NS-Rechtswahrerbund (NSRB), der Berufsorganisation der Juristen in NS-Deutschland. Letzteres mag mit seiner Tätigkeit als „Buchsachverständiger und Helfer in Steuersachen“ zusammenhängen. Zwischen 1937 und 1939 war Esser zudem Blockwart und Zugführer des Reichsluftschutzbundes. Damit war er zwar formal, aber nicht schwer belastet. Die über neunmonatige KZ-Haft und wohl auch die Sorge um seine Familie dürften dazu beigetragen haben, dass Esser sich dem Regime anpasste und Kompromisse einging. Zunächst hatte er damit Erfolg. Das NS-Regime erstellte wegen seines Antrags auf Aufnahme in den NSRB ein politisches Gutachten über ihn: „Er liest jetzt den V[ölkischen]B[eobachter], das ‚Schwarze Korps‘, gibt bei Sammlungen und benimmt sich nicht auffallend.“ Negativ wurde ihm ausgelegt, dass er NSDAP-Versammlungen nicht besuchen würde. Trotz des Gutachtens hatte das Regime ihn weiter im Visier. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20.7.1944 musste er für vier Wochen erneut ins KZ Dachau, wo er schwer misshandelt wurde.
Sofort nach Kriegsende lief Esser mit seinem Sohn Karl Heinz (1930–1995) aus seinem damaligen Wohnort Hög bei Pfaffenhofen die rund 65 Kilometer lange Strecke nach Regensburg, wo er zunächst bei Verwandten unterkam. Dort schloss er sich dem SPD-Ortsverband an. Im Herbst 1945 wendete sich für ihn alles zum Guten: Am 23.10.1945 wurde ihm im Alten Rathaus in Regensburg die Presselizenz für die „Mittelbayerische Zeitung“ übergeben. Die Verlagsgeschäfte führte er bis 1961, ehe er sie an seinen Sohn Karl Heinz Esser übergab.
Michael Hellstern
[1] Seine folgenden Mitgliedschaften in NS-Organisationen wurden bislang nur in der unveröffentlichten Magisterarbeit von Michael Bledl erwähnt, der diese allerdings nicht konkret nachweisen kann, da er sich nur auf Essers Lizenzträger-Fragebogen stützt, den Bledl vom Verlag der MZ erhielt. Bledl, Entstehung. S. 29. Hilmer gibt lediglich an, dass Esser „über eine Widerstandsgruppe Kontakt zur SPD“ hielt, aber nur Auslandsnachrichten weitergab, vor allem an Bekannte. Hilmer, Verwaltung. S. 122 f.
[2] Bei seiner Ankunft in Dachau gab es Scheinhinrichtungen von Häftlingen. Der berüchtigte KZ-Aufseher Hans Steinbrenner misshandelte Häftlinge bei deren Ankunft und ermordete einige von ihnen. Esser sagte später vor Gericht im August 1948 gegen Steinbrenner aus. Vgl. den Bericht über die Inhaftierung von 27 Regensburgern in Dachau in: „Zur freundlichen Erinnerung“, MZ vom 24.9.1946; Auszug aus der Häftlingsdatenbank der KZ-Gedenkstätte Dachau zu Karl Friedrich Esser vom 29.10.2020; „Regensburger in Dachau“, MZ vom 8.3.1946 und die Namensliste des Arbeitskommandos Ampermoching unter KZ-Gedenkstätte Dachau DaA ITS 139/032; Halter, Regensburg. S. 100; „Vergessenes Mahnmal“, Münchner Merkur vom 3.12.2014.
Zur Gast in der Artothek: Simone Hamann SUPERPOSITION

Am Sonntag, den 22. Juni 2025 um 15.00 Uhr wird die Künstlerin, deren Arbeiten auch in der Artothek Niederbayern vertreten sind, im Gespräch mit Anette Röhr, Artothek Niederbayern, und dem Galeristen Robère Scholz, Galerie r8m Köln, Einblicke in die Entstehung ihrer Werke, die künstlerischen Prozesse und deren Hintergründe geben sowie ihren neuen Katalog in der Artothek Niederbayern vorstellen. Parallel werden aktuelle Arbeiten von Simone Hamann in der Artothek gezeigt. Alle Interessierten sind herzlich willkommen, eine Anmeldung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei.
Simone Hamann wurde 1974 in München geboren und wuchs im Landkreis Straubing Bogen auf. Sie studierte Malerei, Philosophie und Kunst an der Accademia di Belle Arti in Rom, der LMU München und der Universität Passau. Derzeit lebt und arbeitet sie im Bayerischen Wald. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch eine kraftvolle Farbigkeit und den spielerischen Umgang mit dem Material aus. Die entstehenden Formen materialisieren Ideen aus der Gedankenwelt der Künstlerin. Sie versieht ihre Arbeiten mit Titeln, die den Betrachter in das Wechselspiel zwischen Wahrnehmung und Assoziation einbinden und dabei stets größtmögliche Gedankenfreiheit und Deutungsoffenheit zulassen. Serien werden so angelegt, dass sie ein Gefühl von Unendlichkeit vermitteln. Die Malerin spielt mit der Idee des offenen Kunstwerkes. Ihre Bilder werden zu Zeichen dieser angedeuteten Unendlichkeit, zu Momentaufnahmen eines fortlaufenden Prozesses.

Die Artothek befindet sich auf dem Gelände des Bezirksklinikum Mainkofen: Mainkofen – Haus D2, 94469 Deggendorf
Weitere Informationen: www.artothek-niederbayern.de